Offene, geschlossene Fonds

Der Entscheidung des OLG Schleswig lag ein Fall zugrunde, bei dem ein Bankmitarbeiter im Mai 2008 eine Empfehlung zur Umschichtung von Fondsanteilen ausgesprochen hatte. Es war damals ein Wechsel von einem offenen Immobilienfonds in einen anderen offenen Immobilienfonds erfolgt. Der Anleger warf der Bank vor, diesen Tausch nur aufgrund eigenen Provisionsinteresses empfohlen zu haben.

Das Gericht führte aus, dass eine Umschichtung innerhalb eines eigenen Depots verbunden mit einer Änderung des Portfolios für sich genommen ein alltäglicher Vorgang ist, der keine weitergehenden Beratungspflichten auslöse. Da bei einer Umschichtung zeitgleich sowohl eine Verkaufs- als auch eine Kaufempfehlung ausgesprochen werde, müssten beide Empfehlungen anleger- und anlagegerecht sein.

Gesteigerte Anforderungen an die Beratungsempfehlung bestünden allerdings nicht. Die Anlageentscheidung müsse – wiederum ex ante – richtig und nachvollziehbar sein. Anderenfalls trüge der Berater bei jeder Umschichtung das Risiko, objektive Nachweise führen zu müssen, dass die neu empfohlene Anlage tatsächlich besser ist. Damit würde der Bogen der zu erfüllenden Pflichten überspannt werden.

Meinung und Gegenmeinung

Zugunsten des jeweiligen Anlegers entschieden das Landgericht Berlin (Urt. v. 10. Mai 2012, 27 O 627/11) und OLG Frankfurt (Urt. v. 13. Februar 2013, 9 U 131/11). Im vom Landgericht Berlin entschiedenen Fall hatte ein Anleger auf Empfehlung seiner Bank im Januar 2008, März 2008 und November 2009 Anteile an offenen Immobilienfonds erworben. Strittig war, ob der Anleger vor der von ihm jeweils getroffenen Anlageentscheidung einen Verkaufsprospekt erhalten hat.

Das Landgericht Berlin betonte, dass der unerfahrene Anleger, der im persönlichen Gespräch einen Rat suche, individuell zu informieren sei. Ein solcher Anleger erwarte mehr als bloßes Material zur eigenen Durchsicht. Er möchte eine Bewertung, damit er in der Lage ist, sein Anlagerisiko weitgehend  einschätzen zu können.

Das Gericht machte der Bank zum Vorwurf, nicht über verschiedene negative Berichte in Bezug auf offene Immobilienfonds aus 2005 und 2006 aufgeklärt zu haben. Selbst im Dezember 2008, also vor Erwerb weiterer Anteile im November 2009, sei die kritische Berichterstattung in den Medien verharmlost worden. Weiterhin hätte die Bank darüber aufklären müssen, dass ein offener Immobilienfonds nicht von einem Einlagensicherungssystem erfasst sei und im Falle des finanziellen Kollaps des Emittenten eine Sicherungseinrichtung nicht zur Verfügung stehe.

Quelle: Cash.

Das Emittentenrisiko besteht allerdings

– vgl. die Entscheidung des OLG Dresden

– aber gerade nicht, da es sich um Sondervermögen der jeweiligen Fondsgesellschaft handelt und das Sondervermögen nicht für Verbindlichkeiten der Kapitalanlagegesellschaft haftet (so der damals gültige Paragraf 31 Abs. 2 Satz 1 InvG).

Das OLG Frankfurt am Main stellte in seinen Entscheidungsgründen darauf ab, dass der Anleger über das den deutschen Investmentfonds prägende „open-end-Prinzip“ aufzuklären sei. Durch dieses Prinzip solle die Liquidität der angelegten Geldbeträge für den Anleger gewährleistet sein, ohne ihn zu einem Verkauf an einer Börse oder einem sonstigen Sekundärmarkt zu zwingen.

Bei offenen Immobilienfonds erfahre dieses Grundprinzip gemäß Paragraf 81 InvG eine Einschränkung. Deshalb sei über das Risiko der Aussetzung der Anteilsrücknahme aufzuklären. Da in 2005 und 2006 schon drei offene Immobilienfonds die Rücknahme ausgesetzt hätten, hätte festgestanden, dass es sich nicht nur um ein theoretisches Risiko handele.

Neue Regelungen durch das KAGB

Die geschuldete Aufklärung könne auch nicht durch Übergabe einer Broschüre „Basisinformationen für Wertpapiervermögensanlagen“ erfüllt werden, wenn ein Aufklärungsgespräch vorher erfolgt ist und in diesem die relevanten Risikohinweise nicht gegeben worden sind. Endgültige Klarheit darüber, ob generell beziehungsweise ab welchem Zeitpunkt über das Risiko der Rücknahmeaussetzung oder nunmehr gar der Schließung offener Fonds aufzuklären ist, wird wohl wiederum erst eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs bringen.

Der Gesetzgeber hat in Umsetzung der AIFM-Richtlinie inzwischen reagiert und Kapitalanlagegesellschaften, die Immobilien-Sondervermögen emittieren und verwalten, ermöglicht, die Rücknahme von Anteilen nur zu bestimmten Rücknahmeterminen vorzusehen. Mindestens muss eine solche Rücknahme alle zwölf Monate möglich sein und steht dann Anlegern offen, die die Anteile mindestens 24 Monate gehalten haben. Hierfür bedarf es zusätzlicher Angaben im Verkaufsprospekt und in den Anlagebedingungen (vgl. näher §§ 255, 256 KAGB).

Autor Ulrich A. Nastold ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Klumpe, Schroeder + Partner GbR in Köln.

Foto: Guido Schiefer

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