Stabübergabe: Wenn der Junior vom Senior übernimmt

Nach seinen Angaben könne ein Versicherungsmakler derzeit einen Kaufpreis in Höhe von bis zum Dreifachen der wiederkehrenden Jahrescourtage erzielen. Zu diesem Schluss kommt Lüth nach einer eigens durchgeführten qualitativen Befragung (Ibras-Studie 2009). „Kommt es zum Verkauf, sollten mindestens Kaufgegenstand, Kaufpreis/Zahlungsmodalitäten, Gewährleistung, Haftung, Wettbewerbsabrede, Datenschutz und die zeitliche Abwicklung geregelt werden“, rät Sandkühler.

Herausforderung Rollenverteilung

Neben Daten, Fakten und Paragrafen gibt es mit dem psychologischen Aspekt einen weiteren Faktor, der nicht außer Acht gelassen werden sollte. Eine Unternehmensnachfolge ist häufig mit vielen Emotionen behaftet, der Senior gibt sein Lebenswerk weiter, das er, manchmal in mehreren Jahrzehnten, aufgebaut hat. Dem Abgebenden fällt es deshalb oft schwer, loszulassen. Doch auch der Nachfolger ist nicht vor Schwierigkeiten gefeit, er kämpft beispielsweise um die Akzeptanz bei Mitarbeitern, seine Ideen werden vom Vorgänger unter den Teppich gekehrt oder erst gar nicht gehört.

Birgit Beutel, die mit ihrem Unternehmen Beutel & Partner als systemische Beraterin und Kommunikations-Trainerin Nachfolgen begleitet, kennt die Problematik: „Meistens erfolgen Übergaben nur auf der betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Ebene. Dabei bleibt der menschlich-emotionale Prozess häufig unberührt“, sagt sie. Die meisten würden erst ein bis zwei Jahre nach dem Abschluss bemerken, dass beispielsweise Konflikte nicht angesprochen oder die Rollenverteilung – häufig bei internen Übergaben der Fall – nicht im Detail abgesprochen wurden. Beutel schätzt, dass aus diesem Grund 30 Prozent aller internen und externen Übergaben scheitern. Dabei spiele die Größe eines Unternehmens keine Rolle, die persönliche Betroffenheit aller Beteiligten, darunter fallen auch die Mitarbeiter, sei die gleiche.

Gunter und Denis Frenzel hatten bisher keine Schwierigkeiten. „Ein solcher Prozess funktioniert nur in gutem partnerschaftlichem Verhalten von beiden Seiten. Wir müssen einfach offen miteinander umgehen“, sagt Gunter Frenzel. Er habe von Anfang an neue Ideen zugelassen. „Als ich 1979 begann, habe ich auch gerne neue Dinge ausprobiert. Das Recht wollte ich auch meinem Sohn einräumen“, sagt er.

Kunden die Nachfolge signalisieren

Ein wichtiger Akteur, der bei einer Unternehmensnachfolge nicht vergessen werden darf, ist der Kunde. Er muss sich auf den „Neuen“ einstellen können. Wie also reagieren Kunden, wenn ein neuer Berater für ihre Betreuung zuständig ist? Der Finanzvertrieb Bonnfinanz beispielsweise hat in den letzten Jahren festgestellt, dass viele Kunden schon lange vor einer möglichen Übergabe den Seniorberater fragen, wer für sie da ist, wenn er in den Ruhestand geht. „Das war unter anderem für uns der Auslöser, ein Nachfolgeprogramm zu installieren. Wir wollten nicht mehr, dass von einem auf den anderen Tag ein neuer Berater den Kunden betreut“, sagt Michael Rentmeister, Vorstandsvorsitzender der Bonnfinanz, der das vor mehr als einem Jahr begonnene Projekt der Nachfolgeregelung mit entwickelt hat.

Das Tochterunternehmen der Zurich Gruppe Deutschland thematisiere deshalb in den regionalen Organisationen die Nachfolgeregelung und deren praktische Umsetzung immer wieder. „Bei Interesse erfolgt die Einladung zu einem Nachfolgeseminar mit anschließendem individuellem Planungsgespräch mit den Beauftragten von Bonnfinanz. Dabei ist es wichtig, gleich zu Beginn die persönlichen Ziele und Wünsche des Seniorpartners zu thematisieren, damit später für alle Beteiligten die richtigen Entscheidungen getroffen werden können“, erklärt Rentmeister den Ablauf.

Seite 6: Woran eine Nachfolge scheitern kann

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