Anlagevermittlung: Individuelle Beratung honorieren

Qualitätsstandards: Orientierungspunkte sind insoweit das Verfahren gemäß der Paragrafen 32 ff. Kreditwesengesetz (KWG) für Neugründungen und Paragraf 34 d Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) in der Fassung des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes vom 5. April 2011. Unabhängig von der Zuständigkeit für Zulassung und Qualitätskontrolle sollten Beratung beziehungsweise Vermittlung den hier vorgegebenen gesetzlichen Standards entsprechen.

Compliance-Pflichten: Grundsätzlich zur Anwendung kommen die aufwändigen Wohlverhaltenspflichten gemäß der Paragrafen 31 ff WpHG, sofern sie nicht abgeschwächt werden. Die volle Anwendbarkeit auf die Honorarberatung erscheint unter dem Gesichtspunkt des vom Verbraucher zu zahlenden Stundensatzes kaum praktikabel: durch die Explorations- und Protokollierungspflichten ergeben sich Aufwändungen für den Berater/Vermittler, die (insbesondere bei Einmalberatungen oder bei kleineren Depots) außerhalb jeder wirtschaftlichen Realität für den Anleger liegen dürften. Hierbei ist davon auszugehen, dass der typische Kunde des Anlageberaters/-vermittlers (in welcher Vergütungsvariante auch immer) „Privatkunde“ im Sinne von Paragraf 31 a WpHG ist.

Jahresabschluss und Prüfung der Wohlverhaltensregeln: Durch die vorgenannten Finanzdienstleistungen wird der Berater/Vermittler im gesetzlichen Normalfall „Institut“ im Sinne von Paragraf 1 (1b) KWG und unterliegt damit den Pflichten gemäß Paragraf 26 KWG und Paragraf 36 WpHG, das heißt, der Verpflichtung zur Einschaltung eines Wirtschaftsprüfers mit umfangreichen durch Gesetz und Verordnung fixierten Prüfungs- und Berichtspflichten an die Aufsicht. Die anfallenden Gebühren, die selbst bei einem kleinen Finanzdienstleister nicht unter 10.000 Euro per annum liegen, würden im Fall der Honorarberatung die Stundensatzkalkulation des Beraters/Vermittlers weiter belasten.

EdW: Durch die Eigenschaft als „Institut“ würde ebenfalls eine Zwangsmitgliedschaft in der EdW (Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen) mit allen Unwägbarkeiten, insbesondere der Belastung durch Sonderbeiträge und -zahlungen, begründet. Wie der bisher einzige große Schadensfall der EdW (Phoenix Kapitaldienst) gezeigt hat, ist das Risiko der Inanspruchnahme aus Schadensfällen anderer Marktteilnehmer mit völlig anderen Geschäftsmodellen weder quantifizierbar noch steuerbar. Eventuelle Belastungen der Ertragsrechnung des Beraters/Vermittlers in den Kategorien der MaRisk sind nicht einzuschätzen.

Kapitalisierung und Versicherungsdeckung: Unabhängig von dem durch Paragraf 33 (1) Nr. 1a KWG erforderlichen Startkapital von mindestens 50.000 Euro muss hier eine Lösung greifen, die Regressansprüche von Verbrauchern aus Fehlberatung bestmöglich abfedert beziehungsweise eine geordnete Liquidation des Instituts ermöglicht. Denkbar ist eine Verpflichtung, laufend Liquidität vorzuhalten (analog Paragraf 10 (9) KWG für Finanzportfolioverwalter) oder ein Versicherungsmodell, das Schadenersatzansprüche von Kunden deckt.

Seite 3: Welche Lösungen das Ministerium anbietet

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