Wer nicht prüft, der haftet

Um eine Haftung zu vermeiden, sollte daher unbedingt immer ein Führungszeugnis vorgelegt werden, um das Vorhandensein von einschlägigen Straftaten und eine ggf. hierauf folgende mangelnde Eignung prüfen zu können.

II. Repräsentantenhaftung, § 31 BGB analog

Nach § 31 BGB ist das Finanzdienstleistungsunternehmen als juristische Person für einen Schaden verantwortlich, den ein Organ oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt. Über den Wortlaut der §§ 30, 31 BGB hinaus hat die Rechtsprechung eine sogenannte Repräsentantenhaftung für solche Personen entwickelt, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentieren (BGH, NJW 1998, 1854).

Dies hat die Rechtsprechung beispielsweise bei einem Filialleiter angenommen (BGH, NJW 1977, 2259; BGH, NJW-RR 1990, 484; OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. März 2001, 15 U 178/00; anders: OLG Hamm, VersR 2000, 213).

Da es der juristischen Person nicht freisteht, selbst darüber zu entscheiden, für wen sie ohne Entlastungsmöglichkeiten haften will, kommt es dabei nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Stellung des „Vertreters“ in der Satzung der Körperschaft vorgesehen ist oder ob er über eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht verfügt (BGH, NJW 1998, 1854).

In der Entscheidung des BGH vom 14. März 2013 – III ZR 296/11 – wurde eine solche Repräsentantenhaftung analog §§ 30, 31 BGB abgelehnt. Mangels Inkassovollmacht und dem Umstand, dass der Handelsvertreter auf eine eher niedrigen Hierarchie tätig war, fehlt es schon an einer Repräsentantenstellung. Zudem fallen sogenannte Eigengeschäfte nicht in den notwendigen inneren Zusammenhang der dem Handelsvertreter übertragenen Aufgaben.

III. Haftung für Verrichtungsgehilfen, § 831 BGB

Der Haftung eines Finanzdienstleistungsunternehmens für sogenannte Verrichtungsgehilfen nach § 831 BGB steht zwar nicht zwingend entgegen, dass Handelsvertreter grundsätzlich selbständige Gewerbebetreibende nach § 84 HGB und nicht Verrichtungsgehilfen des Unternehmens sind, für das sie tätig sind. Auch für Handelsvertreter kommt die Eigenschaft eines Verrichtungsgehilfen ausnahmsweise dann in Betracht, wenn sie bei Ausübung der Tätigkeit nach den Bestimmungen des Mitarbeitervertrages weisungsgebunden sind (BGH, NJW 1998, 1854). Die Frage, ob eine Weisungsgebundenheit vorliegt, ist dabei in erster Linie nach dem Inhalt des Handelsvertretervertrages zu beantworten.

Daneben können aber auch in Abweichung von den vertraglichen Vereinbarungen tatsächliche, besondere Umstände vorliegen, die den Schluss auf eine Weisungsgebundenheit des Handelsvertreters gegenüber dem Finanzdienstleistungsunternehmen zulassen. Nicht ausreichend hierfür ist jedenfalls nach Ansicht des Oberlandesgerichts Stuttgart die unter dem Gesichtspunkt der Corporate Identity vertraglich vorgesehene Verwendung des Namens des Finanzdienstleisters auf Briefbögen, Briefkästen, Visitenkarten und sonstigen schriftlichen Unterlagen oder Werbegeschenken durch den Handelsvertreter (bspw. Schumi – Mützen).

Vielmehr muss im Rahmen der Ausgestaltung der eigentlichen Arbeitsbedingungen des Handelsvertreters (z.B. Ort, Zeitpunkt und Umfang der Vermittlungs- und Beratungstätigkeit) eine Weisungsgebundenheit gegeben sein (OLG Stuttgart, Urteil vom 10. Februar 2004 – 6 U 160/03 -).

Fazit

Der BGH konkretisiert in seinem Urteil vom 14.03.2013 – III ZR 296/111 – vorvertragliche Pflichten bei der Auswahl von Handelsvertretern. Dies ist insoweit nicht besonders überraschend, als dass bei anderen Berufsgruppen, bei denen ebenfalls erhöhtes Gefährdungspotential besteht (bspw. bei Kraftfahrern), eine dahingehende Prüfungspflicht seit langem angenommen wird.

Das Urteil könnte jedoch weitergehend dahin ausgelegt werden, dass gegebenenfalls auch eine Pflicht angenommen werden könnte, eine vorhandene Sachkunde zu prüfen. Fehlt diese oder ist sie nur unzureichend vorhanden, dann könnte man auch hierauf aufbauend einen schadensersatzauslösenden Pflichtverstoß „konstruieren“.

Rechtsanwalt Oliver Renner ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Lehrbeauftragter der Fachhochschule Schmalkalden und Dozent am Fortbildungsinstitut der RAK Stuttgart sowie stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses „Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht“ der RAK Stuttgart. Seit 2009 ist er zudem Lehrbeauftragter an der Hochschule Pforzheim und seit 2010 Geldwäschebeauftragter der RAK Stuttgart.

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