IDW: Watschen für die BaFin

Der jetzt vom Institut der Wirtschaftsprüfer e.V. (IDW), Düsseldorf, endgültig verabschiedete Prüfungsstandard für Prospekte von geschlossenen Fonds (IDW S 4) enthält deutliche Kritik an der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Frankfurt/Main und Bonn. Das IDW bemängelt offen die Auffassung der Behörde zur Darstellung der Einzelrisiken und zum maximalen Risiko.

In beiden Fällen dürften nach Auffassung der BaFin risikomindernde Sachverhalte wie Versicherungen oder Bürgschaften nicht berücksichtigt werden. Das IDW akzeptiert zwar zähneknirschend die gesetzliche Vorgabe, erteilt der Behörde aber eine kräftige Watschen: ?Wird nach dieser Auffassung verfahren?, so der Text des neuen IDW S 4, ?gelten trotz der Einschränkungen in der Klarheit des Verkaufprospektes die Anforderungen dieses Standards noch als erfüllt.?

Der verabschiedete Standard enthält erstmals auch eine Vorgabe, welche Angaben zur Leistungsbilanz des Initiators notwendig sind. Die Auflistung ist allerdings nicht abschließend, sondern nur beispielhaft. Demnach zählen zu den notwendigen Soll-Ist-Vergleichen unter anderem das eingeworbene Eigenkapital unter Berücksichtigung der Inanspruchnahme von Schließungsgarantien, die Kosten der Investitionsphase, Zahlungen an den Anleger und das ?ertragsmäßige Ergebnis? (Zahlen der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung).

Nicht explizit vom IDW aufgeführt werden die erwirtschafteten Liquiditätsüberschüsse. Diese sind die Grundlage für Ausschüttungen, Tilgungen und Bildung von Liquiditätsreserven und nach Ansicht von Analysten ? zum Beispiel dem Deutschen Finanzdienstleistungs-Informationszentrum (DFI), Hamburg ? weitaus wichtiger als das bilanzielle Ergebnis.

Wie bisher müssen sich die Angaben zur Leistungsbilanz laut IDW auch künftig lediglich auf ?eine repräsentative Phase der jüngeren Vergangenheit? beziehen. Der Initiator kann also weiterhin ältere Flops ?unter den Tisch fallen? lassen. Um dies zu verhindern, verlangt der DFI-Leistungsbilanz-Fragenkatalog, der als Branchenstandard anerkannt ist, Angaben zu allen bisherigen Fonds des Initiators. Auch der Verband Geschlossene Fonds e.V. (VGF), Berlin, hatte Anfang 2006 vom IDW gefordert, den Begriff ?jüngere Vergangenheit? zu definieren oder ?deutlich zu machen, dass sämtliche laufenden oder bereits beendeten Vermögensanlagen darzustellen sind?.

Ebenfalls nicht durchsetzen konnte sich der VGF mit der Forderung, auf die Klassifizierung der Risiken in ?prognosegefährdend?, ?anlagefährdend? und ?anlegergefährdend? zu verzichten. Das IDW ist dem Verband nur insofern entgegen gekommen, als diese Vorgabe zu einer ?Kann-Bestimmung? umformuliert wurde. Die Wirtschaftsprüfer dürfen demnach auch einen Prospekt als beanstandungsfrei testieren, der eine solche Klassifizierung, die sich als äußerst unpraktikabel erwiesen hat, nicht enthält.

Ansonsten hat das IDW den im Juli 2005 veröffentlichten Entwurf für die Neufassung des Standards ? trotz diverser Detailkorrekturen ? im Kern unverändert verabschiedet. Er ist auf den 18. Mai 2006 datiert und soll nach Angaben von IDW-Fachreferent Norbert Schneider ab der offiziellen Veröffentlichung – voraussichtlich etwa am 10. Juli 2006 – angewendet werden.

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