Prospektnachträge führen Berater auf gefährliches Terrain

Denn bislang tragen die Berater ein enormes Risiko: Die VSHV-Bedingungen enthalten regelmäßig eine Klausel, wonach keine Deckung besteht, wenn der Finanzdienstleister wegen Prospektfehlern in Anspruch genommen wird. Dennoch haften Berater gegenüber den Anlegern auch für die Richtigkeit des Prospektes, jedenfalls bei offensichtlichen Fehlern. Sogar auf das IDW-Gutachten können sich Berater nicht berufen, hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe unlängst noch einmal klargestellt (Aktenzeichen: XI ZR 264/08).

Demnach ist ein Berater dem Anleger gegenüber zum Schadenersatz verpflichtet, wenn der Fondsprospekt einen Fehler enthielt. Er sei „selbst zur Prüfung des Prospektes verpflichtet“, so das Gericht. Ein fehlerhafter Prospekt führt demnach automatisch zur Haftung des Beraters: „Die Pflichtverletzung des Anlageberaters steht aufgrund der Übergabe des falschen Prospektes fest“, entschieden die Richter lapidar. In einem solchen Fall kann die Versicherung die Deckung verweigern.

BGH: Berater haften bei Prospektfehlern

Die Haftung des Beraters „entfällt nur dann, wenn er diesen Fehler berichtigt hat“, so der BGH in dem Beschluss weiter, wofür der Berater die Beweislast trage. Selber auf etwaige Prospektlücken oder -fehler hinzuweisen, ist für die Berater indes ebenfalls nicht ohne Risiko. Jedenfalls liefern sie solche Zusatzinformationen auf eigene Gefahr: Die VSHV-Bedingungen schließen regelmäßig eine Deckung auch dann aus, wenn der Berater „wegen vom Prospekt abweichender Angaben in Anspruch genommen wird“. Das gilt gegebenenfalls  auch für die eigenmächtige Aktualisierung veralteter Prospektangaben.

Oliver Porr, LHI
Oliver Porr, LHI

Damit sitzt der Berater in der Zwickmühle. Denn wenn der Anbieter trotz wesentlicher Veränderungen keinen Nachtrag erstellt, wird unter Umständen aus einem ursprünglich richtigen (und durch IDW-Gutachten abgesegneten) Prospekt ein zumindest teilweise falscher. Darauf wies auch Oliver Porr, VGF-Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer des Initiators LHI, im besagten Interview auf dem VGF-Summit hin.

Wenn zum Beispiel die Prospektprognose von einem bestimmten Zeitpunkt der Vollplatzierung ausgeht, dieser Termin aber bereits überschritten ist, steht der Berater unter Umständen bereits mit einem Bein in der Falle. Denn Nachträge nach dem Verkaufsprospektgesetz (VerkProspG) sind gesetzlich vorgeschrieben und werden Bestandteil des Prospekts. Umgekehrt könnte der Versicherer also argumentieren, es handele sich um einen Prospekt- und nicht um einen Beratungsfehler, wenn ein notwendiger Nachtrag unterblieben ist. Mögliche Folge: Kein Versicherungsschutz.

Sechs Monate nach Vertriebsstart schnappt die Haftungsfalle zu

Das Risiko wird noch dadurch verschärft, dass für den Anbieter die gesetzliche Prospekthaftung im engeren Sinne sechs Monate nach Vertriebsstart endet. Wenn der Anleger dem Fonds nach dieser Frist beitritt, kann er den Initiator allenfalls noch über juristische Umwege für Prospektfehler in Anspruch nehmen. Zudem verjährt die Prospekthaftung des Anbieters auch bei Beitritten, die innerhalb von sechs Monaten erfolgen, nach drei Jahren.

Manfred Brenneisen, Brenneisen Capital
Manfred Brenneisen, Brenneisen Capital

Da bleibt unter Umständen nur noch der Vertrieb als Ansprechpartner für Anlegeranwälte. Dies will die Branche nun nicht mehr länger hinnehmen. Der B2B-Vertrieb Brenneisen Capital AG, Wiesloch geht in die Offensive. „Zunächst einmal wäre es wünschenswert, wenn der Gesetzgeber die Fristen in den entsprechenden Gesetzen angleicht. Dazu führen wir bereits in Kooperation mit dem Votum-Verband aufklärende Gespräche auf politischer Ebene“, berichtet der Vorstandsvorsitzende Manfred Brenneisen.

Zwischenzeitlich müssten allerdings die Emissionshäuser in die Pflicht genommen werden: „Bis zu einer möglichen Anpassung bedarf es freiwilliger Haftungserklärungen der Emissionshäuser gegenüber den Vermittlern. Oftmals werden diese Erklärungen jedoch auf den gesetzlichen Zeitraum der Prospekthaftung beschränkt, sodass nach Ablauf von drei Jahren die besagte Diskrepanz wieder gegeben ist.“

Seite 4: Vertriebe nehmen Emissionshäuser in die Pflicht

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