Windkraftfonds-Anbieter in Goldgräberstimmung

Windmühlen werden bei der europäischen Energiewende die Hauptrolle spielen. Trotz unterschiedlicher geografischer Verhältnisse und Voraussetzungen zur Förderung der Windkraft bieten Deutschland, Frankreich und Polen Renditepotenzial.

Text: Andreas Friedemann, Cash.

Wirtschaftsprüfer müssen akribisch sein. Die Vertreter dieser Zunft bei Ernst & Young haben eine schier unendliche Liste von Kriterien entwickelt, mit denen sie stetig die 40 attraktivsten Länder der Welt ermitteln – nicht für Sonnenanbeter, sondern Windkraftinvestoren. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen veröffentlichen sie einmal pro Quartal in der Studie „Renewable energy attractiveness indices“. Neben Frankreich und Deutschland sichert sich ein Land regelmäßig einen Platz in den Top Ten, an das man vielleicht im ersten Moment gar nicht gedacht hätte: Polen.

Unsere östlichen Nachbarn können mit einigen Argumenten aufwarten, die auf Betreiber von Windenergieanlagen sehr überzeugend wirken dürften: Das Land ist fast so groß wie Deutschland, mit nur 38 Millionen Einwohnern jedoch deutlich dünner besiedelt und vergleichsweise flach. Neu errichtete Windräder können damit gleichmäßige Windverhältnisse nutzen, ohne das Landschaftsbild oder die Anwohner zu beeinträchtigen. Ohnehin steckt die Windkrafttechnologie in Polen noch in den Kinderschuhen: Im Sommer 2012 waren Anlagen mit einer Leistung von rund 1.600 Megawattpeak installiert. Hierzulande waren es rund 29.000 Megawattpeak. Die amtierende Regierung will und muss das allerdings bald ändern.

Wirtschaftswunderland Polen

Seit 2004 Mitglied der Europäischen Union, hat sich Polen verpflichtet, sein individuell festgelegtes Klimaschutzziel zu erreichen: Bereits im Jahr 2020 sollen rund 15 Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden – aktuell liegt der Anteil bei fünf Prozent. Der Rest wird überwiegend durch ältere Kohlekraftwerke gedeckt. Eine entscheidende Rolle in der Energiewende sollen aufgrund der geografischen Rahmenbedingungen Windkraftanlagen übernehmen: In den kommenden acht Jahren soll ihr Anteil auf neun Prozent steigen und damit vervierfacht werden. Mittelfristig planen unsere Nachbarn, ihre Küstenlinie von mehr als 500 Kilometern Länge einzubeziehen und Potenzial für Offshore-Anlagen in der Ostsee zu nutzen.

Große Investoren, darunter große Energieversorger wie Eon oder RWE wittern gute Geschäfte und kommen nach Polen. Die Hamburger Elbfonds-Gruppe ist bereits seit dem Jahr 2006 da. Die Emissionshaustochtergesellschaft Elbfonds Invest hat sich auf die Projektentwicklung von Handelsimmobilien in Polen spezialisiert. Bis Juni 2012 hatten die Hanseaten nach eigenen Angaben 20 Projektentwicklungen mit einem Volumen von mehr als 250 Millionen Euro realisiert. Polens Wirtschaft wächst seit Jahren stabil um vier Prozent jährlich. Die damit verbundene Energienachfrage steigt sogar noch schneller.

Über das ebenfalls zur Unternehmensgruppe gehörende Emissionshaus Elbfonds Capital wollen sich die Hanseaten daher zusätzlich die Assetklasse Windenergie erschließen. Den Auftakt bildet der Windkraftfonds Direkt Invest Polen 8 Windenergie Portfolio Fonds. Das Blind-Pool-Konzept sieht vor, an drei unterschiedlichen Standorten im Süden Polens, die per Absichtserklärungen gesichert sind, Windkraftanlagen zu errichten. „Bei der Umsetzung der Windparks können wir auf die Unterstützung unserer Kollegen in Warschau zurückgreifen. Elbfonds beschäftigt dort knapp 40 Mitarbeiter, darunter Bauingenieure, Architekten und Juristen, die uns seit Jahren bei der Errichtung unserer Immobilienprojekte unterstützen. Insofern erschließen wir zwar eine neue Assetklasse, allerdings auf dem uns vertrauten Terrain in Polen. Das macht es für uns zu einer überschaubaren Herausforderung“, sagt Andreas Brinke, Geschäftsführer bei Elbfonds Capital. Als Partner haben sich die Hanseaten den Projektentwickler wind4energy aus Lodz ausgesucht, der sich auf Windparks mittlerer Größe mit einer Leistung bis zu 20 Megawatt spezialisiert hat und sowohl für die Projektakquisition als auch die Überwachung der Generalunternehmer verantwortlich zeichnen soll. „Darüber hinaus steht uns das Hamburger Ingenieurbüro Jens Peters, das in den vergangenen 20 Jahren Windkraftanlagen mit einer Leistung 450 Megawattpeak errichtet hat, als Berater zur Verfügung“, sagt Brinke und ergänzt: „Die Konzentration auf kleinere Parks erlaubt es uns, die Investitionen über mehrere Standorte und Anlagen verschiedener Hersteller zu streuen. Einen weiteren Vorteil sehen wir darin, dass wir nicht mit institutionellen Investoren wie in- und ausländischen Energieversorgern konkurrieren müssen, die selbst große Parks über ihr Eigenkapital finanzieren können. Das Windkraftpotenzial Polens wird nämlich gerade auch von anderen entdeckt“, so Elbfonds-Capital-Geschäftsführer Brinke.

Seite 2: Die Bedeutung von Windgutachten, Netzanschlusszusagen und Vergütungssystemen

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