Windkraftfonds-Anbieter in Goldgräberstimmung

Mit seinen Beratern hat der Initiator drei Standorte ausgewählt, die den zwingenden Investitionskriterien genügen: Sie verfügen über Netzanschlusszusagen und zwei Windertragsgutachten, für die die Windverhältnisse über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr auf einer Höhe zwischen 60 und 80 Metern gemessen und Durchschnittswerte zwischen 6,5 und 6,9 Meter pro Sekunde ermittelt wurden. An dem ersten Standort sollen drei Windmühlen des namhaften Herstellers Enercon mit einer Nennleistung von jeweils zwei Megawatt, am zweiten fünf gleichstarke Vestas-Anlagen gebaut werden. Für den dritten Park waren sechs Windräder à 1,5 Megawatt des Typs MD 77 eingeplant, die das Unternehmen Fuhrländer in Liebenscheid beisteuern sollte. Der Anlagenhersteller musste indes im September 2012 Insolvenz anmelden.

„Diesen Mühlentyp hat Fuhrländer tausendfach gebaut und an große Hersteller wie Nordex oder Repower verkauft. Mittlerweile bauen die beiden genannten Unternehmen die Anlagen des Typs MD 77 selbst, sodass der Ersatz leicht zu besorgen ist. Das haben wir bereits mit unseren polnischen Bankpartnern geklärt, die wie wir auf den Abschluss eines langjährigen Vollwartungsvertrags mit dem Anlagenhersteller großen Wert legen. Wir werden, wie geplant, mit dem Bau des ersten Parks im Sommer 2013 beginnen und diesen im Herbst ans Netz anschließen“, sagt Brinke.

Der eingespeiste Strom soll dann auf Grundlage des reformierten Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) vergütet werden, das die polnische Regierung verabschiedet hat und voraussichtlich im ersten Quartal 2013 in Kraft treten wird. Wie in anderen EU-Mitgliedstaaten sieht es eine vorrangige Abnahmeverpflichtung von Öko-Strom vor. Die über einen Zeitraum von 15 Jahren garantierte Einspeisevergütung basiert jedoch anders als in Deutschland auf einer Grundvergütung, die jährlich an die Inflationsrate angepasst wird und dem Erlös aus dem Handel mit grünen Zertifikaten, deren Mindestpreis von vier Cent pro Kilowattstunde ebenfalls gesetzlich verankert sind. Ein solches Quotensystem haben beispielsweise auch Großbritannien, Belgien oder Italien eingeführt.

„Erfüllen die Energieversorger die Quotenvorgaben der Politik nicht, müssen sie Kompensationen zahlen oder Betreibern von Erneuerbare-Ernergien-Anlagen grüne Zertifikate abkaufen, die dadurch einen bestimmten Wert bekommen. Diese Erlöse kommen zu jeder eingespeisten Kilowattstunde Strom noch hinzu. Währungskursbereinigt liegt der Strompreis derzeit etwa bei fünf Cent pro Kilowattstunde. Allerdings hegen wir die begründete Erwartung, dass Strom auch in Polen teurer wird. Für Investoren ist neben der Planungssicherheit zudem vorteilhaft, dass in polnischen Windkraftanlagen ein Inflationsschutz praktisch eingebaut ist“, erläutert der Elbfonds-Capital-Geschäftsführer. Gegenwärtig liege die Vergütung insgesamt bei rund 10,5 Cent je Kilowattstunde und damit über dem deutschen Niveau.

 

Windgutachten sind das A und O

Das Investitionsvorhaben der Hamburger hat ein Volumen von knapp 38 Millionen Euro, von denen 15 Millionen Euro Anleger besteuern sollen, die sich ab 10.000 Euro plus drei Prozent Agio beteiligen können. Vier Millionen Euro Eigenkapital braucht das Emissionshaus etwa, um mit dem Bau des ersten Windparks beginnen zu können. Die prognostizierte Ausschüttung für das Jahr 2013 in Höhe von zwei Prozent der Einlage will Elbfonds Capital aus den Einnahmen dieses Parks und einer Liquiditätsrücklage bestreiten. Anschließend sollen die Kommanditisten zunächst acht, später elf Prozent pro Jahr bekommen. Bis zum Ende der regulären Laufzeit im Jahr 2022 prognostiziert der Initiator einen Gesamtmittelrückfluss von knapp 195 Prozent vor Steuern. Aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen den Nachbarländern unterliegen die Einkünfte der deutschen Anleger dem Progressionsvorbehalt. Bei entsprechendem Mehrheitsbeschluss der Fondszeichner kann die Laufzeit bereits nach sieben Jahren beendet werden.

Dass die Ertragsgutachten der Projekt-anbieter genau unter die Lupe genommen werden, kommt nicht von ungefähr, sondern ist das Ergebnis einer leidvollen Erfahrung, vor allem für die Anleger. Die Kalkulation der Windkraftfonds der ersten Generation, wie sie ab der Jahrtausendwende schwer en vogue waren, basierte häufig auf viel zu optimistischen Windprognosen, die aus der Auswertung von Windpotenzialkarten herrührten. Diese Karten dienen heute nur als erste Orientierung bei der Wahl geeigneter Zielgebiete. Denn: Wind wird durch verschiedene Einflussfaktoren gebremst. Je glatter die Oberfläche, desto höher die Windgeschwindigkeit.

Für einen aussagekräftigeren Überblick greifen Investoren und Betreiber daher auf Windgutachten zurück, die über längere Zeiträume die Windverhältnisse vor Ort messen und die mögliche Höhe der Erträge sowie das Risiko von Abweichungen berechnen. Häufig werden schallbasierte Sonargeräte eingesetzt, die Messungen sogar direkt auf Nabenhöhe der Anlage von 100 Metern oder darüber zulassen. „Die Erträge einer Windkraftanlage hängen von der dritten Potenz der vorhandenen Windgeschwindigkeiten ab. Somit bedeutet beispielsweise eine Verdoppelung der Geschwindigkeit gleichzeitig eine Verachtfachung des Ertrags“, erläutert der Windenergie-Experte Ingo Ermel, der für die Windsparte bei derHamburger Investmentgesellschaft Aquila Capital verantwortlich zeichnet.

Preise steigen, Renditen sinken

„Eine solide, belastbare Ertragsprognose ist das A und O für den langfristigen Erfolg eines Windprojektes. Insbesondere für Anlagen in Deutschland übersteigt die Nachfrage bereits deutlich das Angebot. Daher sind wir in diesem Segment bewusst sehr zurückhaltend und kritisch. Aquila Capital sucht ausschließlich nach Projekten, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass die Ertragsprognose auch eingehalten wird“, so Ermel. Der Initiator hatte kürzlich einen Windpark in Brandenburg für einen Spezialfonds erworben, an dem sich daher nur institutionelle Investoren beteiligen können. Für Privatanleger sei ebenfalls ein Windkraftfonds geplant.

Mittlerweile drehen sich in Deutschland rund 22.700 Windräder. Wie der Bundesverband Windenergie mitteilt, wurden allein im ersten Halbjahr 2012 etwa 414 Windmühlen mit einer Kapazität von einem Gigawatt neu errichtet. Entsprechend hoch sind die Datendichte und die Analysegenauigkeit. Allerdings: Die Preise für neue Projekte sind es auch.

Seite 3: Mit welchen Konzepten die anderen Emissionshäuser punkten wollen

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