Verbotene Werbung um Anleger durch Anlegerschutzanwälte?

Anders sieht dies das Landgericht Hamburg für den Fall, dass der Emittent betreffend das Produkt noch werbend am Markt tätig war:

„Der Anspruch ergibt sich nach dem Tatsachenvortrag der Parteien aus Paragrafen 3, 4 Nr. 8, 8 Abs. 1, 2 UWG. Nach Paragraf 4 Nr. 8 UWG handelt unlauter, wer über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind.

Es liegt ein konkretes, wenn auch mittelbares Wettbewerbsverhältnis im Sinne der Paragrafen 4 Nr. 8, 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG zwischen den Parteien des Rechtsstreits vor. Im Interesse eines wirksamen wettbewerbsrechtlichen Individualschutzes sind an das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses keine hohen Anforderungen zu stellen; es wird daher insbesondere keine Branchengleichheit vorausgesetzt (BGH GRUR 2004, 877, 878).

Die potentiellen Abnehmer ihrer Produkte – Fondsanteile einerseits, Rechtsberatung und -vertretung hinsichtlich des Erwerbs von Fondsanteilen andererseits – sind gleich. Im vorliegenden Fall sind Absatz der Waren und Dienstleistungen der Parteien unmittelbar miteinander verknüpft. Wenn (potentielle) Abnehmer der Produkte der Antragstellerin aufgrund der streitgegenständlichen Äußerungen die Produkte der Antragsgegnerin in Anspruch nehmen, beeinträchtigt dies ohne weiteres den Absatz der Produkte der Antragstellerin.“
(LG Hamburg, Urteil vom 02. September 2008 – 312 O 426/08 –).

Anzeige beim Datenschutzbeauftragten

Im Hinblick auf einen datenschutzrechtlichen Verstoß könnte jedoch eine Anzeige beim Datenschutzbeauftragten erfolgen, sofern die die Daten nach Hinweis – unterzeichnet durch den Anleger – gegebenenfalls zweckwidrig zur Werbung verwandt worden sind.

Unter Umständen könnte auch eine Anzeige bei der Rechtsanwaltskammer wegen Verstoß gegen Paragraf 43b BRAO wegen unzulässiger Werbung um ein Einzelfallmandat vorgenommen werden.

Offen ist hierbei noch die Frage, ob das bloße Werben um ein Einzelmandat ausreicht – so das OLG München in seinem Urteil vom 12. Januar 2012 – 6 U 813/11 – oder ob zusätzlich noch eine Gemeinwohlschädlichkeit hinzukommen muss.

Die bisher jedenfalls vom Bundesgerichtshof und den anderen Oberlandesgerichten entschiedenen Fälle haben nach Auswertung sämtlicher Urteilsgründe gemein gehabt, dass zur „bloßen“ Werbung um den Einzelfall weitere Umstände hinzutraten („Anleger in Angst und Schrecken versetzen“; „Schüren von Ängsten“). Der Einzelfall muss also beachtet werden und das Vorgehen genau geprüft und mit den Risiken abgewogen werden.

Rechtsanwalt Oliver Renner ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Lehrbeauftragter der Fachhochschule Schmalkalden und Dozent am Fortbildungsinstitut der RAK Stuttgart sowie stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses „Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht“ der RAK Stuttgart. Seit 2009 ist er zudem Lehrbeauftragter an der Hochschule Pforzheim und seit 2010 Geldwäschebeauftragter der RAK Stuttgart.

Foto: Shutterstock & Kanzlei Wüterich Breucker

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