„Das Wichtigste ist für uns der Vertrieb“

Den im August veröffentlichten Halbjahreszahlen zufolge konnte die Wüstenrot & Württembergische-Gruppe der Krise zum Trotz im Ergebnis noch zulegen. Cash. befragte Dr. Alexander Erdland, den Vorstandsvorsitzenden der im Vorsorgebereich breit aufgestellten Stuttgarter zu den Gründen.

Dr. Alexander Erdland, Wüstenrot & Württembergische
Dr. Alexander Erdland, Wüstenrot & Württembergische

Cash.: Haben Sie die Krise gemeistert?

Erdland: Die Halbjahreszahlen zeichnen ein positives Bild. Wir konnten unseren Konzernüberschuss im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 54 Prozent steigern. Der Ergebnisbeitrag dazu war und ist insbesondere in den Bereichen Bausparen und Kompositversicherungen erfreulich. Wir haben schon in 2006 eine Restrukturierung begonnen – natürlich ohne zu ahnen, dass die Krise, die noch nicht beendet ist, in diesem Ausmaß kommen würde. Die Bestandsaufnahme damals zeigte, dass die Sparten nicht optimal aufgestellt waren. Wüstenrot allein genommen war ein größerer Restrukturierungsfall. Die erfolgreiche Neuordnung kam dem Geschäft doch in besonderer Weise zugute. Wüstenrot lieferte die ersten neuen Vertriebserfolge, insbesondere mit dem Wachstum beim Bausparen. Unser Marktanteil ist von etwa sieben Prozent in 2006/2007 dieses Jahr eingerechnet auf jetzt zehn Prozent gestiegen. Inzwischen wachsen wir auch im Kompositgeschäft.

Cash.: Wie sieht der Fondsbereich aus?

Erdland: Das Fondsgeschäft über Vermittler ist in diesem Jahr schwächer. Wir führen zwar auch Immobilien-, Dach- oder Rentenfonds, letztere mit gut performenden Unternehmensanleihen, aber die Zurückhaltung der Bevölkerung, wenn es um Aktienfonds geht, spüren auch wir. Das Fondsgeschäft ist bei uns eine Ergänzung. Wir haben einen ganzheitlichen softwaregestützten Beratungsansatz in den Bedarfsfeldern Wohneigentum, Vermögensbildung, Risikoschutz und Zukunftssicherung. Wir verkaufen nicht mehr primär produktgetrieben, sondern nach dem tatsächlichen Bedarf.

Cash.: Gibt es zwischen Geld- und Wohn-Riester keine Kannibalisierung?

Erdland: Zwischen den Branchen in der Finanzdienstleistung gibt es diese Konkurrenz. Bei uns läuft das ineinander. So bieten wir auch einen kostenlosen Wechsel an. Wer mit Bauspar-Riester begonnen hat und nicht bauen will, sondern eine Geldrente anstrebt, kann kostenlos in ein Versicherungsprodukt umsteigen. Das Wichtigste bei uns ist der Vertrieb. Wir wollen unsere Kunden mit der Beratungsleistung von W&W wirklich zufriedenstellen.

Cash.: Wie ist der Wohn-Riester bei Ihnen angelaufen? Aus der Branche hört man wenig Positives…

Erdland: Die Entwicklung liegt im Rahmen unserer Erwartungen. In den nächsten Monaten erhoffen wir uns hier aber noch einen Schub. Insgesamt haben wir uns etwa 300 Millionen Euro Neugeschäft für 2009 vorgenommen, die können wir noch schaffen. Wohn-Riester ist bisher kein Super-Star unter den Produkten – konnte er aber auch nicht sein. Ich finde es vielmehr wesentlich, dass politisch erkannt wurde, dass Wohnen in den eigenen vier Wänden zur privaten Altersvorsorge gehört. Die Lösung ist allerdings zu kompliziert. Das haben wir der Politik auch gesagt. Wir setzen dort auf Lernbereitschaft. Das Produkt ist beratungsintensiv und nicht gerade kostengünstig. Aber es ist ein Anlass für ein Gespräch und es ist ein wichtiges Thema.

Cash.: Sie haben die Vereinsbank Victoria Bausparkasse übernommen. Konsolidiert sich der Markt?

Erdland: Mittlere und kleinere Bausparkassen als Töchter von Banken und Versicherungsgesellschaften erleben zum Teil, dass sich ihre Mütter auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Das ist insbesondere dort, wo Staat und EU mitreden, spürbar. Deshalb gibt es Bewegung. Wir sind frei und in der Lage, in dieser Phase die Konsolidierung aktiv mitzugestalten. Wir zielen dabei auf einen Zusatznutzen ab. Beim Kauf der VVB ist dies der Vertriebsweg. Wir haben auf diese Weise 500.000 neue Kunden gewonnen. Zudem haben wir Vertriebskooperationen mit dem HVB-Filialnetz sowie mit der Ergo geschlossen.

Cash.: Welche Rolle spielen freie Vertriebe für Ihr Haus?

Erdland: Die beiden Ausschließlichkeitsorganisationen von Wüstenrot & Württembergische sind für uns die stärksten Vertriebswege und darauf liegt weiter unser Fokus. Doch merken wir, dass sich die Anteile der Vertriebswege, insbesondere im Versicherungsgeschäft, in den letzten Jahren verändert haben. Der Makler- und auch der Bankenvertrieb sind dort stark gewachsen. Wir stellen fest, dass es Kundensegmente gibt, die von der AO nicht zwingend erreicht werden – wie größere Kunden beziehungsweise Kunden, die zunächst Wert darauf legen, dass der Vermittler den Markt analysiert hat. Weil dieses Potenzial für unser Wachstum wichtig ist, haben wir uns entschieden, ergänzend den Maklervertrieb mit einer eigenen Gesellschaft zu erneuern.

Cash.: Gibt es Zielgrößen, die Sie im Maklergeschäft erreichen möchten?

Erdland: Im Schaden- und Unfallversicherungsgeschäft wird bis auf Weiteres weiter die AO der Wüttembergischen 70 bis 80 Prozent des Geschäfts machen. Im LV-Geschäft machen beide AOs zusammen um die 70 Prozent aus. Der Rest läuft über Banken und freie Vermittler. Im vergangenen Jahr haben wir beim Kompositgeschäft über Makler allein zwölf Prozent vermittelt.

Cash.: Wo setzen Sie die Schwerpunkte in der zweiten Jahreshälfte?

Erdland: Wir verstärken das LV-Geschäft. Unser Produkt Genius, das seit Juli am Markt ist, trägt als fondsunterlegte Konstruktion mit verschiedenen Garantien dem aktuellen Kundenbedarf Rechnung.

Interview: Thomas Eilrich

Foto: W&W AG

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