Energetische Qualität von Neubauten und Sanierungen lässt zu wünschen übrig

Zwei Jahre nach seiner ersten großangelegten Untersuchung hat der Verband Privater Bauherren 2010 erneut nachforschen lassen, wie es um die energetische Qualität bei Neubauten bestellt ist. Das Ergebnis sei dem VPB zufolge etwas besser ausgefallen als vor zwei Jahren, aber nach wie vor ernüchternd.

ThermografieDie Ergebnisse der Untersuchung des vom VPB beauftragten Instituts Privater Bauherren (IPB) zeigten, dass „deutsche Neubauten von den politisch gewünschten Vorgaben immer noch weit entfernt sind“, so das VPB-Vorstandsmitglied Klaus Kellhammer. Das IPB untersuchte im relevanten Zeitraum 2010 insgesamt 5.231 Bauvorhaben, die von EnEV-Sachverständigen in den VPB-Regionalbüros bundesweit betreut wurden.

Die leichten Verbesserungen führt der Verband auf die inzwischen in vielen Fällen vorgeschriebene Sachverständigenberatung zurück. Wer Gelder der KfW-Bank beantragt, der muss sich in der Regel vom Bausachverständigen beraten lassen. „Das schlägt sich positiv nieder“, sagt Kellhammer. Die KfW habe hier die richtigen Konsequenzen aus den Untersuchungen vor zwei Jahren gezogen.

Trotzdem bleibe die Bilanz der IPB-Untersuchung niederschmetternd: Der private Bauherr bekomme im Normalfall immer noch nicht, wofür er bezahlt. „Im Gegenteil: Rund 30 Prozent aller Neubauten entsprechen überhaupt nicht den Anforderungen der Energieeinsparverordnung“, erläutert der Bausachverständige. Fast die Hälfte (49,23 Prozent) aller EnEV-Nachweise sind falsch berechnet. In 53,1 Prozent der untersuchten Fälle wurden die Berechnungen zur Energieeinsparung auf der Baustelle technisch nicht korrekt umgesetzt. „Zum Beispiel werden häufig schlechtere Dämmstoffe verwendet, als den Berechnungen zugrunde lagen“, kritisiert Kellhammer. Dies führe in der Realität zu schlechteren Dämmwerten.

Ganz besonders beliebt sei es, Maßnahmen zur Aufbesserung der energetischen Werte in die energetischen Berechnungen einfließen zu lassen, ohne diese am Bau tatsächlich auszuführen. Spitzenreiter sei hier die oftmals fehlende geprüfte Dichtigkeit (Blower-Door-Test), gefolgt von besonderen Maßnahmen zur Vermeidung von Kältebrücken (verminderter Wärmebrückenzuschlag). Dies führe dazu, dass die energetischen Standards, wie beispielsweise ein „Effizienzhaus 70“, nicht erreicht würden. Die Folge laut VPB: Das neue Haus verbrauche mehr Energie als auf dem Papier versprochen.

„Fast jeder zweite Bauherr nutzt sein Haus wegen fehlender Informationen energetisch kontraproduktiv. Nicht einmal jeder vierte Bauherr wird in die energetischen Annahmen seiner Immobilie unterrichtet“, beobachten der VPB-Bausachverständige und seine Kollegen bundesweit. Dies sei kein Wunder, denn rund drei Viertel aller Einfamilienhäuser würden heute schlüsselfertig gekauft. „Diese Häuser sind bereits fix und fertig geplant, wenn der Käufer den Vertrag unterzeichnet, die spätere Anpassung an die Wünsche und Bedürfnisse der Bewohner beschränkt sich in der Regel auf die Auswahl von Böden und Fliesen. Eine Ausrichtung der Planung an den Heizgewohnheiten und Nutzungswünschen der zukünftigen Bewohner ist nicht üblich – und wird, so stellen wir beim VPB fest, von den Käufern bislang auch nicht nachgefragt“, berichtet Kellhammer.

Seite 2: Warum ein Neubau eine Gebrauchsanweisung braucht

1 2Startseite
Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments