Immobilienfinanzierung: Der Run hält an

„Wenn Kunden über liquide Mittel verfügen, sollten sie dies nutzen. Je früher und je höher Sondertilgungen vorgenommen werden, desto kürzer ist die Darlehenslaufzeit und niedriger der Zinsaufwand“, so Günther. Das Spektrum reiche von Tilgungsaussetzung in Kombination mit einem Tilgungssurrogat, zum Beispiel mit Lebensversicherung oder Fonds, bis zur Volltilgung, sodass das Darlehen komplett in der ersten Sollzinsbindung zurückgezahlt wird. Beim derzeitigen Zinsniveau brauche ein Kunde bei einer anfänglichen Tilgung von einem Prozent etwa 45 Jahre, um schuldenfrei zu sein. Bei zwei Prozent Tilgung sind es nur knapp über 30 Jahre, rechnet Günther vor.

Restriktiver sind die Banken seit der Finanzkrise bei Vollfinanzierungen. Vor allem die sogenannten Überkaufpreisfinanzierungen, bei denen Kunden nicht nur die Immobilie komplett ohne Eigenkapital, sondern auch die Nebenkosten und mehr finanzieren konnten, sind praktisch verschwunden. „Und bei Vollfinanzierungen stellen Banken mittlerweile sehr hohe Anforderungen an die Bonität und das Objekt“, sagt ING-DiBa-Experte Lücke. Das deutlich steigende Kreditrisiko ließen sich die Finanzierer vom Darlehensnehmer bezahlen. Das könne durchaus einen ganzen Prozentpunkt gegenüber dem ausgewiesenen Basiszinssatz ausmachen. „Deshalb kommt eine 100-Prozent-Finanzierung nur für Darlehensnehmer infrage, die über ein hohes und stabiles Familieneinkommen verfügen“, warnt Lücke. Grunwald von der Deutschen Bank ergänzt: „Vollfinanzierungen können für Kapitalanleger und bei rentabel gebundenem Eigenkapital Sinn machen. Eine genaue Analyse im Einzelfall mit Vergleich der individuellen Konditionen und unter Einbeziehung steuerlicher Aspekte ist aber unerlässlich.“

Zinssicherheit mit Forward-Darlehen

Beim derzeit niedrigen Zinsniveau und auslaufender Zinsbindung empfehlen die Experten, den Abschluss eines Forward-Darlehens zu prüfen. „Damit lässt sich das aktuell niedrige Zinsniveau für eine zukünftige Anschlussfinanzierung sichern. Dies geht beispielsweise bei der Deutschen Bank oft auch ganz ohne Aufschläge, so Grunwald. Je nach Anbieter ist der Abschluss eines Forward-Darlehens bis zu vier Jahre vor der fälligen Anschlussfinanzierung möglich. Der Kreditgeber lässt sich dies durch einen Zinsaufschlag vergüten. „Dessen Höhe ist sowohl abhängig von der Zeit bis zur Ablösung des bestehenden Darlehens als auch von der Dauer der gewünschten Zinsbindung des neuen Darlehens. Der Aufschlag liegt zurzeit in der Regel zwischen 0,02 bis 0,05 Prozentpunkten für jeden Monat der Restlaufzeit des laufenden Darlehens“, erklärt Lücke.

„Forward-Darlehen sind dann sinnvoll, wenn man langfristig von stark steigenden Zinsen ausgeht“, erläutert Annabrunner von der DSL Bank. Einmal abgeschlossen, müsse der Vertrag aber auch dann erfüllt werden, wenn das Zinsniveau zum Ablösezeitpunkt wieder gesunken ist. „Da aufgrund des gesamtwirtschaftlichen Szenarios in den nächsten Monaten nicht mit signifikanten Zinserhöhungen zu rechnen ist, lohnen sich Forward-Darlehen eigentlich nicht“, gibt Finanzierungsexperte Herbst zu bedenken. Wer aber bei jeder kleinen Zinserhöhung nervös werde, sollte aufgrund der derzeit extrem niedrigen Zinsen doch ein Forward-Darlehen erwägen. „Damit lässt sich vielleicht besser schlafen, auch wenn man mit viel Glück ein Viertel Prozent Zinsen gespart hätte.“

Seite 5: Wettbewerb zwischen Hausbanken und Baufi-Brokern

1 2 3 4 5 6Startseite
Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments