Abgewickelte Immobilienfonds: „Höhere Gewalt“ oder Fehlverhalten des Vertriebs?

Ein weiteres Flaggschiff der Branche offene Immobilienfonds ist diese Woche mit dem CS Euroreal untergegangen. Stehen nun Schadensersatzansprüche an Anbieter und Finanzvertriebe im Raum?

Klaus J Koehler

Text: Klaus J. Koehler, Kanzlei Zacher & Partner

Ein weiteres Flaggschiff der Branche offene Immobilienfonds ist diese Woche mit dem CS Euroreal untergegangen; die Abwicklung nach vorheriger Aussetzung der Rücknahme der Anteile wurde von der Fondsgesellschaft beschlossen. Die Liquidation von inzwischen circa zehn offenen Immobilienfonds gibt Anlass zu der Frage: Haben sich hier Produktrisiken realisiert, die der Anleger hinnehmen muss oder stehen Rückabwicklungs-/Schadensersatzansprüche im Raum? Betroffen –potenzielle Beklagte- sind neben den Prospektverantwortlichen die Finanzdienstleister mit Privatkundengeschäft: Anlageberater, Anlagevermittler und Finanzportfolioverwalter. Sie müssen sich die Frage gefallen lassen, ob sie ihre Sorgfaltspflichten bei der Kundenberatung, bei der Beratung im Zusammenhang mit der Vermittlung oder bei der Hereinnahme von Assets in Kundendepots (die der Vermögensverwalter mit Ermessensspielraum disponiert) verletzt haben.

Diese Frage wird, auf der Grundlage der Finanzdienstleistung „Anlageberatung“, von zwei Gerichten unterschiedlich beantwortet:

Das Landgericht Bonn hat mit Urteil vom 18.01.2012 (AZ 2 O 204/11) eine Anlegerklage mit dem Argument erstinstanzlich abgewiesen, das Aussetzungsrisiko trage der Anleger. Es habe, zumindest im Jahre 2007, keines ausdrücklichen Hinweises des Beraters bedurft.

Das Landgericht Frankfurt hat am 23.03.2012 (AZ 2-19 0 334/11) gegenteilig entschieden. Es sieht eine Hinweispflicht des Beraters, das heißt betrachtet die – bekanntlich seit jeher im Investmentgesetz vorgesehene – Möglichkeit der Aussetzung und das daraus resultierende Risiko eines Kapitalverlustes als ein dieser Anlageform grundsätzlich innewohnendes, dem Anleger regelmäßig nicht erkennbares Risiko. Die Gefahr der Aussetzung der Rücknahme der Anteile ist daher nach Auffassung des Gerichts ein grundsätzlich aufklärungspflichtiger Umstand.

Im Streitfall war der Verlust durch Verkauf am Zweitmarkt realisiert worden. Das LG Frankfurt kommt auf der Grundlage der vorgenannten Argumentation zu einer vollen Rückabwicklungspflicht des Beraters.

Seite 2: Problem nicht-offengelegte Provisionen

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