USA: Gesteigerte Nervosität an den Zinsmärkten

Dilemma für die Notenbank

Da aber auch alle anderen Anlageklassen, also Aktien, Immobilien, Hypotheken und Unternehmensanleihen an der Entwicklung der Zinsen für Staatsanleihen hängen, wird das Dilemma für die Notenbanker klar: Halten sie die Konjunkturentwicklung für robust genug, um die Stützungskäufe einzustellen, riskieren sie ein Hochschnellen der Zinsen und damit ein Wertverfall in den anderen Anlageklassen. Damit würde das Vertrauen der Konsumenten und Unternehmen wieder sinken und der Aufschwung wieder in sich zusammenfallen. Eine weitere Runde der Stützung wäre wieder notwendig, um das System aufzufangen.

Die aktuelle Diskussion und Befürchtung eines raschen Ausstiegs aus den Stützungsmaßnahmen halten wir daher für verfrüht und für ein Strohfeuer. Die US-Notenbank wird nicht die Arbeit und Erfolge der vergangenen Jahre leichtfertig aufs Spiel setzen. Vielmehr wird sie versuchen, erst steigende Steuereinnahmen abzuwarten und dann in einer Phase geringerer Refinanzierungsvolumina des Staates die Stützung zurückzuführen. Den USA sind die eventuellen Auswirkungen auf die globalen Zinsmärkte bewusst. Ein zu schneller Ausstieg aus der Stützung, nur um dann panikartig wieder ein Rettungspaket schnüren zu müssen, würde viel Glaubwürdigkeit kosten.

Ende des Aufwärtsdrucks in Euroland

Vor diesem Hintergrund sehen wir für die nächsten Wochen eine Stabilisierung der US-Zinsen und damit auch ein Ende des Aufwärtsdrucks in Euroland. Erst wenn sich in den nächsten Quartalen die Konjunkturentwicklung verfestigen wird und die Inflationszahlen hoch gehen sollten, wird das Dilemma für die Notenbanken wirklich brisant.

Denn eines ist klar: Bei steigenden Inflationsraten werden private und institutionelle Investoren keine Anleihen mit negativer Realverzinsung kaufen. Wenn die Notenbanken dann immer noch die Zinsen tief halten wollen, werden sie die einzigen Käufer am Anleihemarkt sein. Dann wird ein Ausstieg immer schwieriger und ein Crash am Zinsmarkt ist vorprogrammiert.

Kalkulationssicherheit wichtig für deutsche Baufinanzierungskunden

Das Gebot der Stunde für den deutschen Baufinanzierungskunden bleibt daher für Kalkulationssicherheit zu sorgen. Ein Immobilienkauf ist eine langfristige Entscheidung und daher muss in langen Zyklen gedacht werden. Auf Sicht von fünf bis zehn Jahren ist die Wahrscheinlichkeit von kräftigen Zinsbewegungen groß, stehen wir doch heute nahe Null und auch nahe den tiefsten Ständen seit 1950.

Die aktuellen Zinsen sind im langfristigen Bild die Ausnahme. Auch wenn man nach mehreren Jahren das Gefühl bekommen könnte, sie werden zur neuen Regel. Lange Laufzeiten sind daher jedenfalls zu empfehlen und auch die Tilgung sollte höher gewählt werden, damit nicht in zehn Jahren immer noch ein Großteil des Darlehens aussteht.

Autor Robert Haselsteiner ist Gründer und Zinsexperte der Interhyp AG.

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