Wohn- und Geschäftshäuser: Marktdynamik hat kleinere Standorte erfasst

Die zentrale Erkenntnis aus dem Marktbericht „Wohn- und Geschäftshäuser Deutschland 2013“ von Engel & Völkers Commercial überrascht nicht: Die europäische Staatsschuldenkrise treibt Anleger in Zinshäuser. Ein weiteres Ergebnis hingegen bestätigt einen vergleichsweise neuen Trend: Die boomende Nachfrage treibt die Preise auch in mittleren Großstädten.

In dem Marktbericht hat Engel & Völkers Commercial (E&V) 40 Städte analysiert. Darin zeigt sich: Die Nachfrage nach Wohn- und Geschäftshäusern in Deutschland ist weiter steigend – auch in mittleren Großstädten. Das treibt die Immobilienpreise. Der Ausblick des Immobilienberatungs- und Vermittlungsunternehmens zeigt: Mieten und Faktoren dürften weiter leicht steigen.

Neben der anhaltenden Staatsschuldenkrise und dienen die ebenso anhaltend niedrigen Hypothekenzinsen als Impulsgeber für die Nachfrage. Zudem, so die Analyse der Maklerhauses, ließen sich im Vergleich zu anderen Wertanlagen wie Staatsanleihen vor allem in den mittleren und guten Lagen höhere Renditen erwirtschaften. „In den guten Lagen der zehn größten Städte Deutschlands liegen die Kaufpreise für Wohn- und Geschäftshäuser durchschnittlich beim 18,1-fachen der Jahresnettokaltmieten“, berichtet E&V-Research-Leiter Carsten Rieckhoff. Als zusätzliche Schubkräfte für die Preisentwicklung sieht er das dortige Bevölkerungswachstum und die geringen Steigerungsraten bei Neubauten an.

E&V schätzt in dem Marktbericht, dass 2012 deutschlandweit mit dem Verkauf von Wohn- und Geschäftshäusern sowie Mehrfamilienhäusern etwa 20,4 Milliarden Euro umgesetzt wurden. Im Vorjahr waren es nach Zahlen des Maklerhauses rund 17 Milliarden. Auf betrachteten 40 Standorte ist demnach mit etwa 11,5 Milliarden Euro mehr als die Hälfte des Gesamtmarktvolumens entfallen. Von 2010 auf 2011 ist die Anzahl der verkauften Objekte ist um etwa zehn Prozent und das Transaktionsvolumen um 17,5 Prozent gestiegen.

Hohe Dynamik an kleineren Standorten

Wie sehr der Handel nicht nur in dem Metropolen, sondern auch in mittleren Großstädten angezogen hat, lässt sich am Vergleich von 2011 mit dem Vorjahr ablesen: Kiel (Anzahl Objekte: plus 47 Prozent, Volumen: plus 57 Prozent), Leverkusen (Anzahl Objekte: plus 31 Prozent, Volumen: plus 164 Prozent) und Bremen (Anzahl Objekte: plus 16 Prozent, Volumen: plus 60 Prozent) beispielsweise belegen mit diesen Zuwachsraten die vorderen Ränge. Braunschweig und Mannheim liegen mit 92 gehandelten Objekten gemeinsam Rang 15 des E&V-Rankings. Beim Transaktionsvolumen befinden sich Jena und Weimar mit einem Umsatz von jeweils 16 Millionen Euro auf gleichem Niveau.

Von den durch E&V neu untersuchten Standorten fällt Regensburg ins Auge. Im Gesamtranking (Rang 3) liegt die Stadt mit einem Faktor von 19,8 auf einem hohen Niveau. Nach Ansicht des Maklerhauses haben kaufkräftige Nachfrager bei einem knappen Angebot dort in den letzten Jahren die Kaufpreise spürbar steigen lassen. Trotz der hohen Preise und Faktoren, bestehe dennoch weiterer Spielraum nach oben.

„Da insgesamt vornehmlich institutionelle Unternehmen das attraktive Preisniveau nutzten, um sich partiell von ihrem Immobilienbestand zu trennen, wurden wieder vermehrt größere Objekte am Markt gehandelt“, berichtet Rieckhoff. Um den Gewinn zu optimieren, seien bei der Portfoliobereinigung häufig die Objekte einzeln, statt im Gesamtpaket verkauft worden, insbesondere wenn sie sich an verschiedenen Standorten befinden. Damit sei in den meisten Städten der durchschnittliche Objektwert pro Immobilie gestiegen. Sind haben beispielsweise die Preise pro Objekt in kleineren Standorten wie Bonn (plus 71 Prozent auf durchschnittlich 830.000 Euro), Leverkusen (plus 102 Prozent auf durchschnittlich 410.000 Euro) und Weimar (plus 69 Prozent auf durchschnittlich 440.000 Euro) merklich zugelegt.

„Bei der Interpretation dieser Zahl ist aber Vorsicht geboten“, warnt Researcher Rieckhoff. „Sie sagen nicht unbedingt etwas über den allgemeinen Preisanstieg aus, denn es kann sein, dass besonders viele hochwertige Objekte verkauft worden sind.“ Mit anderen Worten: Der Preisanstieg kann gewaltig sein, weil in einer Stadt im Jahr 2011 viele Objekte in schlechter Lage verkauft wurden, im Folgejahr dagegen viele Häuser in guter Lage. Je weniger Transaktionen es gibt, desto stärker kann ein einzelnes Top-Objekt den Durchschnitt verzerren. In Leverkusen gab es E&V-Zahlen zufolge zum Beispiel im vergangenen Jahr nur 68 Verkäufe.

Mittlere Großstädte mit bis zu sieben Prozent Rendite

„Neben institutionellen Verkäufern aus dem In- und Ausland bieten auch private Eigentümer – aus Altersgründen, nach Trennung oder einer Erbschaft – ihre Immobilien an“, unschreibt Rieckhoff das Angebot. Während in Metropolen die Rendite für solche Zinshäuser leicht auf fünf Prozent zurückgegangen sind, könnten in guten Lagen vieler mittlerer Großstädte derzeit zwischen sechs und sieben Prozent erzielt werden. Im Trend liegen nach Interpretation des Maklerhauses Objekte direkt am Wasser, beispielsweise in Bremen, Bonn, Leipzig oder Münster

„Die  unsichere Konjunktur- und Staatsschuldenentwicklung in Europa treibt Anleger in Immobilien – als Sachanlage mit vergleichsweise guten Renditen bei überschaubarem Risiko“, so der Analyst hervor.  Das Marktsegment für Wohn- und Geschäftshäuser hat sich aus seiner Sicht noch nicht überhitzt. Der Immobilienmakler erwartet auch in diesem Jahr wieder ein hohes Handelsvolumen mindestens auf Vorjahresniveau. Die Mieten und Faktoren dürften zukünftig weiter leicht ansteigen.

Anlagealternative Uni-Standorte

„Vor diesem Hintergrund rücken mittlere Großstädte mit positiver ökonomischer und soziodemographischer Entwicklung, speziell die deutschen Hochschulstandorte, in das Blickfeld der Investoren“, ist Rieckhoff überzeugt. Städte wie Kiel, Leverkusen oder Erfurt stellten eine Alternative dar. Die Faktoren dort lägen im Verhältnis zu den Metropolen auf einem zum Teil viel niedrigeren Niveau und bieten bei steigenden Mieten interessante Perspektiven. (te)

Foto: shutterstock.com

 

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