„Die Politik muss liefern“

Cash.: Einerseits brauchen Menschen hohe Renditen für ihre Altersvorsorge, andererseits drohen Rückschläge wie in diesem Sommer. Können Sie noch eine Lanze für Aktien-Investments brechen?

Halver: Ja, wir erwarten global statt 4,5 Prozent zwar nur noch knapp vier Prozent Wirtschaftswachstum, aber auch dies kann sich sehen lassen. Die Auftragseingänge fallen immer noch sehr gut aus. Die Bewertung deutscher Aktien ist absolut, aber auch relativ zum Rentenmarkt beruhigend. Wir können uns weiterhin an der umfassenden Hilfe der Notenbanken diesseits und jenseits des Atlantiks erfreuen. In den Vereinigten Staaten garantiert die Fed die Zinsen sogar für zwei Jahre. Kein Risiko mehr, dass diese steigen und Aktien oder auch laufende Anleihen nach unten ziehen. Wir haben eine planwirtschaftliche Stützung der Rentenmärkte, ihr Einbruch ist ausgeschlossen. Damit ist einer der sensitivsten Bereiche in dicke Watte gepackt. Leider reicht die Rendite dort nicht einmal, um die offizielle Inflation abzudecken. Außerdem hat jede Bank Zugang zu einem unbegrenzten Liquiditätspool, womit eine Pleite der Institute ausgeschlossen ist. Und der Wirtschaftsmotor wird weiterhin auf Kosten hoher Staatsschulden geschmiert. Anleger sollten aber grundsätzlich behutsam vorgehen, solange die Börsen stark schwanken. Auch die Politik selbst muss liefern und endlich wieder Vertrauen schaffen.

Cash.: Dabei versprachen ausgerechnet Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy jüngst, die Aktienmärkte vor einem Einbruch zu bewahren – einen Tag später ging es richtig bergab. Warum schweigen die europäischen Politiker nicht einfach?

Halver: Das hätten sie machen sollen. Das Geld des deutschen Steuerzahlers wäre bestens angelegt, wenn wir für alle maßgeblichen Politiker einen dreiwöchigen Urlaub in der feinsten Ferienresidenz buchen könnten. Dafür müssten die Damen und Herren acht Stunden pro Tag diskutieren und sich von sämtlichen Mikrofonen fernhalten. Am Ende muss herauskommen, wie jedes einzelne Mitgliedsland in fünf bis zehn Jahren Geld verdienen kann. Es reicht nicht, die Trümmer des Stabilitätspaktes in eine Haftungsunion zu überführen. Sollten wir für einige Staaten – nennen wir sie exemplarisch Griechenland und Portugal – beim besten Willen nicht auf eine tragfähige Lösung kommen, so sollten diese in ihrem eigenen Interesse gehen können.

Cash.: Ohne ökonomische Perspektive machen doch auch Euro-Bonds keinen Sinn?

Halver: So ist es, wenn wir über eine gemeinsame Finanzierung für Problemländer eintreten, die ohnehin nicht zu retten sind, machen wir uns für Ratingagenturen angreifbar. Gleiches gilt im Übrigen, sollten die Euro-Geberländer wirtschaftlich stagnieren. Und die höheren gemeinsamen Zinssätze bezahlen grundsätzlich Bausparer und Steuerzahler.

Seite 3: Bisherige Maßnahmen greifen nicht.

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