Leckerbissen aus der Investmentküche

So hohe Zinsen wie an der Börse sind anderswo rar. Im Gegenteil verlieren frühere Lieblingsinvestments der Deutschen zunehmend ihre Attraktivität. Die Verzinsung zehnjähriger heimischer Staatsanleihen liegt beispielsweise mit rund 1,8 Prozent sogar unter der offiziellen Inflationsrate. Das heißt, Anleger reduzieren ihr Vermögen, wenn sie ihr Geld der eigenen Regierung leihen. Selbst in Schweizer Franken denominierte Titel waren zuletzt nicht ohne Risiko. „Die auf den ersten Blick sichere Anlagealternative hat Investoren zwischenzeitlich innerhalb von zwanzig Tagen Verluste von fast 15 Prozent eingebracht“, weiß Jürgen Kohlmann. Nachdem die Schweizer Währungshüter angekündigt haben, ihren Franken fest an den Euro zu koppeln, um eine weitere Aufwertung zu stoppen, gab es Anfang September 2011 den größten Absturz seit 1978.

Der Geschäftsführer des Karlstädter Vermögensverwalters Eurotax warnt auch vor dem vermeintlich sichersten aller Häfen: „Sollte die Goldblase platzen und eine größere Kurskorrektur erfolgen, werden Anleger, die zu einseitig investiert haben, wie einst König Midas erkennen müssen, dass man Gold nicht essen kann.“ Beim Krisenmetall gab es Ende August bereits einen Einbruch um rund ein Zehntel. Vermögen intelligent zu streuen, bleibt für Anleger und Berater damit zweifellos die sinnvollste Investitionsstrategie. Kohlmann etwa allokiert zurzeit 41 Prozent seines Fondsvermögens auf alternative Investments, weit mehr als auf Aktien oder Renten.

Sichere Häfen längst überlaufen

Alternative Investments orientieren sich nicht an einem Vergleichsindex. Ihr Ziel ist es vielmehr, einen stetigen und von den traditionellen Kapitalmärkten losgelösten Ertrag zu erzielen, diesen am besten ebenso wie die Risikokennzahlen vorab definiert. Das will Kohlmann nutzen: „Alternative Investments bieten Ertragschancen und das weitgehend unabhängig von traditionellen Märkten.“ Selbst wenn es mit Aktien und Renten auf breiter Front bergab geht, sollen diese Produkte performen. In der Vergangenheit haben sich Fonds mit Absolute-Return-Anspruch kaum mit Ruhm bekleckert. Erst jüngst besserten sich die Ergebnisse (siehe Cash. 10/2010).

Mit dem neuen Produktnamen Newcits soll alles anders werden. Hochkomplexe Strategien mit reichlich Derivateeinsatz versprechen Rendite auch in miesen Börsenzeiten. Den vor weniger als einem Jahr aufgelegten JB Absolute Return Europe Equity Fund zum Beispiel haben die Sommergewitter an den Aktienmärkten nicht beeindruckt. Um 4,25 Prozent hat der Fondspreis von Mitte Juni bis Mitte September zugelegt. Die Offerte der Schweizer Swiss & Global Asset Management mit Sitz in Zürich, früher Julius Bär Asset Management und seit 2009 gemeinsam mit der Fondsgesellschaft Gam unter dem Dach der Gam-Holding, will ihren Investoren unabhängig vom Marktumfeld Rendite bieten. Gleichzeitig soll der Anteilspreis deutlich weniger schwanken als konventionelle Aktieninvestments.

Fondsmanager Andy Kastner setzt dazu über den Einsatz von Derivaten, meist sogenannte Swaps, jeweils paarweise auf steigende (Long-Position) und fallende (Short-Position) Aktienkurse europäischer Unternehmen: „Kurzfristig werden die Staatsschuldenkrisen und deren Folgen sowie die sich abschwächenden Wirtschaftsdaten die Märkte weiterhin beeinträchtigen. In einem solchen Umfeld bewährt sich unsere von der Marktentwicklung unabhängige Anlagestrategie.“ Zurzeit hält der Fonds 28 dieser Long-/Short-Aktienpaare. Als Beispiel für eine zuletzt besonders erfolgreiche Kombinationen nennt Kastner das Chemieunternehmen BASF (long) und den Baustofflieferanten Heidelberger Cement (short).

Die von Gilbert de Bottom 1983 gegründete Konzernschwester Gam setzt bereits seit ihrem Start auf Absolute-Return-Konzepte und sieht sich selbst als Nummer eins im regulierten Markt. Allein von 2009 bis 2011 sind hierzulande 20 alternative Ucits aufgelegt worden. „Absolute-Return-Strategien im Ucits-Mantel sind eine Erfolgsgeschichte“, sagt Karolyn Krekic, als Client Director zuständig für den deutschen Markt. Die Züricher Gesellschaft verwaltet rund die Hälfte ihrer 42 Milliarden Euro Assets under Management in diesen Produkten, die andere Hälfte in konventionellen Aktienfonds. Neuestes Newcits-Angebot ist der von Wadhwani Asset Management gesteuerte Gam Star Keynes Quantitative Strategies. Unternehmensgründer Dr. Sushil Wadhwani, bis 2002 Währungshüter der Bank of England, blickt bei seinem Hedgefonds auf rund zwölf Prozent jährliche Rendite zurück.

Die Produktquellen sprudeln nicht nur bei den Eidgenossen. Die französische Fondsgesellschaft Axa Investment Managers etwa hat unlängst den Start des WF Multi Alpha verkündet. Es handelt sich dabei um den Benjamin der rund vier Milliarden Euro schweren Axa-Mischfondspalette. Investiert wird in andere Portfolios, die Hedgefonds-Strategien wie Equity-Long-Short, Global Macro und CTA nutzen (siehe Übersicht). Hedgefonds bedienen sich noch weiterer Konzepte, allerdings glaubt Axa, dass der Regulierungsrahmen bei den drei genannten Ansätzen die geringsten Anpassungen erfordert und somit am wenigsten den Ertrag mindert: „Hinzu kommt, dass nicht jede Absolute-Return-Strategie Ucits-konform ist. Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung können wir erfolgreiche Manager identifizieren, die auch im Rahmen einer Ucits-Struktur ein ähnliches Alpha erzielen können.“

Diese europäischen Vorschriften erlauben den Fonds zwar, Long- und Short-Positionen einzugehen, also wie der JB Absolute Return Europe Equity sowohl auf steigende als auch fallende Kurse zu setzen – allerdings lediglich mit begrenztem Einsatz von Fremdkapital und Derivaten. Außerdem müssen die Anteile häufiger handelbar sein als bei traditionellen Hedgefonds. Jahrelange Mindesthaltefristen sind ausgeschlossen. Darüber hinaus unterliegen Newcits besonderen Anforderungen an ihre Risikokontrolle, müssen eine unabhängige Depotbank beauftragen und über einen ebensolchen Aufsichtsrat verfügen. All dies macht sie liquider und transparenter als Hedgefonds (siehe Grafik Seite 62).

Aufgrund des breiten und kaum korrelierten Hedgefonds-Spektrums ist es für einzelne Investoren schwierig, ein Fonds- portfolio zusammenzustellen, das konstant Rendite liefert. Hinzu kommt, dass nicht wenige Hedgefonds von ihren Kunden hohe Mindestbeteiligungen und lange Kündigungsfristen verlangen. Allzeit Gewinn sollen Anleger von der Axa-Offerte nicht erwarten: Ziel des WF Multi Alpha Fund sind Erträge über einen Konjunkturzyklus, der ja bekanntlich einige Jahre dauern kann. Fondsmanager Roman Berri empfiehlt aber gerade privaten Kunden die Dachfondskonstruktion: „Der Ucits-Investmentfondsmantel gewährleistet zwar eine gewisse Risikokontrolle, ersetzt aber weder eine sorgfältige Managerauswahl noch ein strenges Risikomanagement.“

Zusätzlich noch Aktien und Renten kann Tom Wede in das Portfolio seines Select Trade-Universal-Fonds legen. Der Geschäftsführer der Berenberg Lux Invest S.A. und die Fondsgesellschaft Universal-Investment haben den Fonds vor drei Jahren aufgelegt und einen Wertzuwachs von rund 33 Prozent erzielt. Der Mischfonds mit Absolute-Return-Anspruch kann flexibel in alle Anlageklassen investieren und zudem von fallenden Märkten profitieren. „So verlor der Fonds weder nach der Lehman-Krise 2008 an Wert und meisterte auch 2011 bislang mit Bravour.“ Seit den Börsenturbulenzen Anfang August dieses Jahres konnte der Fondspreis noch zulegen, laut Wede unter anderem eine Folge erfolgreicher Absicherungsmaßnahmen.

Nun will der Fondsmanager günstige Kaufgelegenheiten nutzen und „ein defensives Aktienportfolio erstklassiger Blue Chips“ zusammenstellen. Das Aktienexposure will der Investmentprofi mithilfe von Index-Futures weitgehend absichern: „Ich glaube nicht, dass wir schnell eine nachhaltige Erholung sehen, aber einige Werte sind so günstig, dass sie weit unter ihren Buchwerten zu kaufen und darüber hinaus mit einer fünf- bis zehnprozentigen Dividendenrendite ausgestattet sind. Zudem nutzen wir die hohe Volatilität durch den Verkauf von Call-Optionen für einen weiteren Sicherungspuffer.“

Seite Drei: Funktionieren Absolute-Return-Ansätze überhaupt?

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