„In Europa drohen zinsseitig japanische Verhältnisse“

Cash.: Gibt es eine feste Grenze, bis zu welcher Bonität eine Anleihe im Portfolio verbleibt?

Hinkel: Nein, es gibt dabei keine starren Parameter. Allerdings beobachten wir die Unternehmen sehr genau. Und wenn es einen kontinuierlichen Downgrade gibt, prüfen wir das Unternehmen sehr kritisch. Das gilt insbesondere, wenn es den Bereich BB- verlässt.

Im Zweifel rückt dann ein Verkauf des Papiers sehr schnell näher. Im Bereich B erwägen wir in der Regel keinen Kauf mehr, es sei denn, es gibt eine besondere Story, die das Unternehmen interessant macht und eine kleine Position rechtfertigt.

Cash.: Wie ist die Resonanz auf den Fonds?

Hinkel: Gegenwärtig liegen wir mit dem Fonds in Richtung eines Volumens von 6,5 Millionen Euro, Anfang des Jahres waren es 3,5 Millionen. Es dauert natürlich seine Zeit, bis eine Umstellung, wie wir sie Anfang des Jahres vorgenommen haben, vom Markt wahrgenommen wird.

Mittlerweile wird der Fonds nicht nur für Privatkunden, sondern auch für institutionelle Investoren interessant, deren Zuflüsse vor allem ab der zweiten Jahreshälfte eingesetzt haben.

Der Trend wird sicherlich nicht zuletzt deshalb anhalten, weil viele Institutionelle sehen, dass der Globaler Renten HI ein Konzept aufweist, das Wettbewerber nicht ohne Weiteres kopieren können.

Schließlich investieren wir überwiegend in Mittelstandsanleihen, die als Direktinvestment etwa für eine Pensionskasse aufgrund der Börsennotierung etwa im Freiverkehr und mangels ausreichend großen Emissionsvolumens nicht infrage kommen.

Hoerner: Folgerichtig und im Sinne von Produktwahrheit und -klarheit wurde der Fonds zum 22. Dezember in Artus Mittelstandsanleihen HI umbenannt, verbunden mit der Verpflichtung für uns, sich ständig schwerpunktmäßig mit diesem Segment zu beschäftigen.

Cash.: Wie beurteilen Sie die gegenwärtige Entwicklung der Schuldenkrise, wird Deutschland künftig der einzige Staat sein, der keine nennenswerten Probleme hat?

Hinkel: Auch an Deutschland geht die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Europa nicht spurlos vorüber, wenn man auf die sinkenden Zahlen für das Bruttoinlandsprodukt blickt.

Man hat sich darauf geeinigt, dass die Inflation höher ist als die öffentlichen Zinsen, um schrittweise aus der Verschuldungsspirale herauszukommen und den einzelnen Staaten die Möglichkeit zu geben, ihre Haushalte zu bereinigen.

Das Bekenntnis zum Fortbestand des Euro insgesamt ist richtig und wichtig. Inwieweit das auf jeden einzelnen Staat in der Eurozone zutrifft, bleibt indes abzuwarten.

Hoerner: Die Niedrigzinspolitik wird uns auch in Zukunft erhalten bleiben und zwar aus dem Grund, weil es damit gelingt, die Staatshaushalte in Europa in den kommenden Jahren um circa 20 Prozent zu entschulden – ohne, dass von den Ländern eigene Anstrengungen unternommen werden müssten.

Vieles spricht also dafür, dass wir auf der Zinsseite japanische Verhältnisse bekommen. Aufgrund der vielen Unwägbarkeiten ist es ausgesprochen wichtig, für den Globaler Renten HI eine klar definierte Strategie und auch eindeutige Zuordnungen im Fondsmanagement zu haben.

Klaus Hinkel betrachtet die Unternehmen aus Kreditsicht, während ich mich mehr um die Wertpapierseite kümmere. Nur wenn von uns beiden ein Ja kommt, findet eine Anleihe Eingang ins Portfolio.

Interview: Frank O. Milewski

Foto: Angela Pfeiffer

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