Quantfonds: Programmierte Performance

Gier und Panik sind keine guten Ratgeber. Daher vertrauen zahlreiche Investoren bei ihren Anlageentscheidungen lieber Computern, die vollkommen emotionslos entscheiden.

Text: Marc Radke

Der Einschlag muss heftig gewesen sein. In den weit aufgerissenen Augen der Wertpapierhändler ist die nackte Angst zu erkennen, an ihren regungslosen Gesichtern das Ausmaß des Schocks abzulesen. Fernsehbilder von der Wall Street haben das Chaos dokumentiert, das der sogenannte Blitz-Crash im Früh- sommer 2010 auf dem New Yorker Börsenparkett ausgelöst hatte.

Dieser zählt für Kritiker zu den spektakulärsten Beispielen, dass Maschinen längst die Macht übernommen haben – zumindest an den Börsen. In wenigen Minuten bricht der Dow Jones, Aktienindex der US-Börsenschwergewichte, um ein Zehntel ein. Einige Aktien verlieren nahezu ihren gesamten Wert. Panik breitet sich aus. Rund 700 Milliarden US-Dollar scheinen auf einen Schlag vernichtet, doch kurze Zeit später legen die Kurse wieder zu und erklimmen beinahe das alte Niveau.

Warum hat die Börse verrücktgespielt? Die US-Börsenaufsicht kam später zu dem Schluss, ein Hedgefonds habe das Chaos ausgelöst. Tausende Transaktionen in kürzester Zeit sollen demnach eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt haben. Haben sich erst hinreichend viele Investoren von ihren Titeln verabschiedet, beginnt der Teufelskreis. Immer mehr Handelssysteme erkennen eine Notsituation, müssen verkaufen und lassen die Kurse so weiter einbrechen. Die ohnehin bereits durch die Finanzkrisen in den USA und Europa verunsicherten Händler taten ihr Übriges und sorgten für den schnellen Ausverkauf. Einen Nachweis, dass der Absturz nicht stattgefunden hätte oder geringer ausgefallen wäre, wenn sich nur menschliche Akteure auf dem Parkett getummelt hätten, blieb die Behörde aber schuldig.

 

Disziplinierter als Fondsmanager

Trotz solcher Kritik zählt für die Befürworter automatisierter Handelssysteme vor allem ein Argument: Elektronische Gehirne entscheiden vollkommen emotionslos, frei von Gier oder Angst. Diese Eigenschaften wünschen sich private Investoren seit Ausbruch der Finanzkrise von ihrem Fondsmanager.

Entsprechend blüht das Angebot computergesteuerter Fonds auf. Anleger und Berater finden schon aktuell eine bunte Vielfalt an Anlageuniversen. Die Strategien der sogenannten Quants reichen von Investments in Euro-Rententitel bis hin zu Multi-Asset-Produkten. In einigen Fällen nickt noch ein menschlicher Fondsmanager die Vorschläge seiner IT ab, andere Systeme laufen vollautomatisch. Insbesondere die Zahl vermögensverwaltender Fonds, die sich dank ihrer flexiblen Asset-Allokation auf unterschiedliche Marktsituationen einstellen können, nimmt seit den Börsenturbulenzen der vergangenen Jahre stetig zu.

 

Seite 2: Quantfonds als Sicherheitsnetz gegen die Krise

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