„Warum die Dividende nicht der neue Zins ist“

Klaus Martini, Geschäftsführer Plückthun Asset Management, redet Klartext zu den in der jüngeren Vergangenheit von vielen Experten geäußerten Meinung, wonach die Gewinnausschüttung der Unternehmen als Alternative für Zinseinkünfte zu sehen sei.

Klaus Martini, Plückthun Asset Management

In den vergangenen Monaten haben immer wieder Artikel in der deutschen Tagespresse und in Anlegermagazinen die Dividende als den ultimativen Ersatz für Zinsanlagen angepriesen. Das mag im ersten Moment auch einleuchten. Der Dax hat heute, obwohl nahe des Allzeithochs, noch immer eine Dividendenrendite von rund 2,4 Prozent, der Euro Stoxx 50 sogar eine von drei Prozent, während Staatsanleihen hingegen immer öfter so gut wie keine Erträge oder sogar Negativzinsen aufweisen und Unternehmensanleihen auf historisch niedrigen Renditen gehandelt werden. Im Einzelfall kann es durchaus Sinn machen, Aktien den festverzinslichen Wertpapieren vorzuziehen. Schaut man jedoch auf das große Ganze, wird schnell klar, dass wir Zinsen nicht durch Dividenden ersetzen können.

Gründe, die gegen einen Austausch von Dividenden für Zinsen sprechen

Dafür gibt es drei Gründe: 1. Aktienkultur in Deutschland: Gemessen an der deutschen Gesamtbevölkerung lag laut Statista die direkte Aktienquote 2014 bei 4,1 Prozent. Zusammen mit der indirekten Aktionärsquote (über Fonds) lag die Zahl bei rund 13 Prozent. Ein magerer Wert im weltweiten Vergleich. Zudem ist die Verteilung stark bildungsabhängig. Im Vergleich dazu waren 2013 laut Statista etwa 70 Prozent der deutschen Privatanleger in Bargeld, Einlagen, Lebens- und Rentenversicherungen investiert. Mehr Anleger in Deutschland zu Aktieninvestments zu bewegen ist in den letzten Jahrzehnten aus den verschiedensten Gründen gescheitert. Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist das Fachwissen im Geld- und Finanzbereich. Hier wird beispielsweise in den Schulen viel zu wenig getan. Bevor sich die Aktienkultur in Deutschland nicht weiterentwickelt, wird die Dividendenausschüttung nicht den Stellenwert des „guten alten Zinses“ erreichen.

2. Größe der Märkte vs. Investitionsvolumen: Zwar spielt die Marktkapitalisierung aller Börsen weltweit mit 25 Prozent schon eine gewichtige Rolle in der Zusammensetzung aller Finanzwerte, allerdings sind die restlichen 75 Prozent der Werte fast zur Gänze zinstragende Wertpapiere. Deswegen ist anzunehmen, dass institutionelle Anleger wie Pensionsfonds oder Versicherer – aber auch der private Investor – nicht umhin kommen, weiter einen großen Anteil in festverzinslichen Wertpapieren zu halten.

3. Festverzinsliche Wertpapiere vs. Aktien: Ein vollständiger Ersatz von Anleihen durch Aktien ist nicht nur aufgrund der grundsätzlichen Scheu und des Sicherheitsdenkens deutscher Anleger gegenüber Aktien kaum vorstellbar, sondern auch aufgrund der unterschiedlichen Charakteristika der beiden Anlageklassen.

Festverzinsliche Wertpapiere werden überwiegend von Staaten, staatlichen Organisationen, Banken und Unternehmen als Mittel der Fremdfinanzierung begeben. Staatsanleihen mit guter Bonität sowie Bank- oder Unternehmensanleihen florierender Unternehmen haben kaum ein Ausfallrisiko – somit gelten Anleihen grundsätzlich als risikoarmer.

Aktien – also Beteiligungen an Unternehmen – werden an der Börse gehandelt und der Preis entsteht aufgrund der Einschätzung der Anleger über die Zukunftsaussichten des Unternehmens. Ihr Wert kann stark schwanken und es kann zu Übertreibungen (Blasen) kommen. Deswegen werden Aktien als eher riskantere Anlagen eingestuft.

Seite 2: Suche nach Rendite in anderen Anlageklassen

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