Gecam: Aktienmärkte werden vom günstigen Ölpreis profitieren

Wieso fragt man sich, stellen sich die Rohstoff- und Öl-Produzenten nicht einfach hin und verkünden Förderkürzungen, um dem Preisverfall Einhalt zu gebieten? Natürlich, manchen Unternehmen und Staaten, wie Venezuela, steht das Wasser bis zum Hals und es wird jeder Dollar gebraucht, um die Staatshaushalte einigermaßen zu stützen. Kürzungen sind hier nicht möglich. Andere jedoch, wie zum Beispiel die arabischen Staaten oder Russland, haben zwar auch mit den niedrigen Preisen zu kämpfen, könnten aber temporäre Förderkürzungen verkraften. Warum also tun sie das nicht einfach, als Signal an die Märkte, dass die Preise nicht ins Bodenlose fallen?

Die Antwort ist, es findet ein gnadenloser Verdrängungswettbewerb zwischen den Rohstoffproduzenten statt, in der Hoffnung, schwache Marktteilnehmer aus dem Markt zu drängen, um in Zukunft höhere Marktanteile auf sich zu vereinen. Dass Saudi-Arabien solche Absichten verfolgt, ist gemeinhin bekannt. Erster Gegner ist die US-Fracking-Industrie, die sich jedoch robuster und flexibler zeigt, als die Araber dies wohl erwartet haben. Ein Beispiel aus dem Minen-Sektor ist jedoch vielleicht weniger bekannt. So kämpft Rio Tinto, einer der größten Bergbaukonzerne der Welt, zwar mit dem Preisverfall von Eisenerz, weitet aber die Produktion immer weiter aus. Im vierten Quartal wurden mit 87,2 Millionen Tonnen rund zehn Prozent mehr produziert als im Vorjahreszeitraum. Im laufenden Jahr will Rio Tinto sogar die Produktion auf 350 Millionen Tonnen ausweiten, nach 327,6 Millionen im letzten Jahr. Dieser Markt leidet unter Überkapazitäten und es geht um die Verteilung der Marktanteile von Übermorgen.

Schwache und kleinere Minenbetreiber halten diese Preisschlacht nicht lange aus und werden ausscheiden. Die Spekulanten dieser Welt springen natürlich auf solch eindeutige und lange Trends auf und verstärken diese. Aktuell ist die Anzahl der Short-Spekulationen im Bereich Rohstoffe, Energie und Emerging Markets so hoch wie noch nie – mit ein Grund für die Beschleunigung der Abwärtsbewegung in den letzten Wochen.

Die Welt profitiert von fallenden Rohstoffpreisen

Dass Rohstoffproduzenten unter den schwachen Rohstoffpreisen leiden, ist keine Frage. Doch die Profiteure überwiegen im Verhältnis von mindestens 3:1. Das bedeutet, es gibt viel mehr Länder, die Rohstoffe importieren als exportieren. Es gibt viel mehr Menschen auf der Welt, die Rohstoffe konsumieren als solche, die von der Förderung und dem Export derselben leben. Der Rückgang des Ölpreises von 100 auf 50 US-Dollar entlastet die Weltwirtschaft unter dem Strich rechnerisch um rund 2,2 Prozent an Kosten. Das entspricht rund 1,6 Billionen US-Dollar pro Jahr! Dieser Effekt wirkt natürlich weiter, wenn der Ölpreis bei 30 Dollar notiert, selbst wenn dann negative Effekte, wie weniger Nachfrage aus den Schwellenländern, Verkäufe von Aktien aus den Beständen der Ölförderländer, um Staatshaushalte auszugleichen, usw. bremsend wirken. Der Effekt, dass jeder Verbraucher und jedes Unternehmen kräftig spart und dieses Geld, wenn auch zeitverzögert, für Konsum und Investitionen oder vielleicht auch für Aktienkäufe zur Verfügung steht, kann nicht negiert werden! Am Rande sei erwähnt, besonders stark vom billigen Öl profitiert China, das so heftig unter internationalem Beschuss steht.

Seite drei: Nachrichten passen immer zu den Kursen

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