Knappes Gewinnwachstum beschränkt Aufwärtspotenzial an den Börsen

Die Veröffentlichung der Unternehmenszahlen zum ersten Quartal 2016 geht bald zu Ende. Gastkommentar von Cédric Spahr, Bank J. Safra Sarasin AG.

An der Wall Street sprudeln die Unternehmensgewinne nicht mehr so stark.
An der Wall Street sprudeln die Unternehmensgewinne nicht mehr so stark.

Die Mehrheit der Unternehmen konnte dank einer Mischung an bescheidenem Umsatzwachstum und gezielten Kostensenkungsmaßnahmen gute Ergebnisse vorlegen. Große Enttäuschungen blieben weitgehend aus. Die Aktienmärkte begehen nun die traditionell schwierigere Periode des Jahres, die sich zwischen Mai und Oktober 2016 erstreckt. Zwischen schwacher Konjunktur und mageren geldpolitischen Impulsen müssen Anleger nun die Börsenriffe im Mai mit Vorsicht umschiffen.

Firmengewinne stagnieren

Gewinnwachstum und Liquidität sind die klassischen Stützen einer nachhaltigen Börsenhausse. Die Aktienmärkte haben seit ihrem Tiefstand im Februar 2016 eine kräftige Erholung hingelegt, im Gleichschritt mit der Erholung des Ölpreises und anderer Rohwarenpreise. Ein Blick auf die Gewinnentwicklung für relevante Aktienmarktindizes wie Dax, Smi oder S&P 500 verrät aber eine unangenehme Tatsache. Die Unternehmensgewinne in den USA und in Europa sind seit ungefähr Mitte 2014 nicht mehr gestiegen. US-Unternehmen wurden ferner 2015 mit der Stärke des US Dollars konfrontiert, was ihre Gewinne aus Übersee schmälerte. In Japan sorgte die Aufwertung des Yen sogar für eine Gewinnschrumpfung. Unternehmensgewinne in aufstrebenden Ländern scheinen ihrerseits eine Talsohle durchzuschreiten. Eine schnelle Erholung scheint nicht in Sicht.

Von Seiten der Notenbanken sind kurzfristig keine neuen monetären Impulse zu erwarten. Die US Notenbank scheint geneigt, ihre nächsten Zinsschritte bis in den Herbst hinaufzuschieben. Damit wird den amerikanischen Aktienmärkten zwar keine Liquidität ausgeschöpft, zusätzliche Impulse sind aber nicht zu erwarten. Europäische Aktienmärkte haben ihrerseits trotz der jüngsten geldpolitischen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank keine besondere Dynamik vorgewiesen.

Wirtschaftswachstum in Europa bescheiden

Die Unternehmenszahlen zum ersten Quartal 2016 fielen auf beiden Seiten des Atlantiks insgesamt befriedigend aus. Europäische Unternehmen mussten mit bescheidenem Wirtschaftswachstum umgehen und verbesserten oft ihre Ertragssituation durch Kostensenkungsmaßnahmen. US Unternehmen wiesen mehr Umsatzwachstum vor, hatten dafür mehr Mühe, die Kosten unter Kontrolle zu halten. Vor diesem Hintergrund scheint uns das Aufwärtspotenzial der meisten Aktienmärkte in den kommenden Monaten begrenzt. Die Aktienbewertungen sind in den USA eher teuer, in Europa eher günstig. Der amerikanische Index Standard & Poor‘s 500 wird mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV) von 17,6  gehandelt, der deutsche Dax mit 12,3 und der Euro Stoxx 50 mit 12,8. Der schweizerische Smi handelt mit einem KGV von 15,6.

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Jüngste Konjunkturdaten wie der deutsche Geschäftsklima Ifo Index oder der US Einkaufsmanagerindex ISM fielen verhalten aus und verleiten nicht zu einem überbordenden Optimismus. Die erwartete Erstarkung der US Konjunktur ab dem 2. Quartal 2016, könnte sich hinauszögern. In diesem «No Man‘s Land», wo weder Konjunktur noch Notenbanken echte Unterstützung leisten, steigt die Gefahr einer Korrektur. Gewisse Stimmungs- und zyklische Indikatoren mahnen derzeit zur Vorsicht. Eine Schwächephase könnte sich als Gelegenheit herausstellen, Aktienpositionen in ausgewählten Sektoren aufzustocken. Cédric Spahr ist CFA und Aktienmarktstratege bei der  Bank J. Safra Sarasin AG, Schweiz.

Foto: Bank J. Safra Sarasin AG

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