Investoren sollten trotz Trump Kurs halten

Trump hat viele deutsche Bürger durch seine Ankündigungen verunsichert. Dennoch bietet sein Amtsantritt Chancen. Die zentrale Frage ist, ob er den populistischen Kurs aus dem Wahlkampf beibehalte oder eine herkömmliche republikanische Politik verfolge, die die US-Wirtschaft stimulieren könnte.

Von der amerikanischen Politik könnten positive Impulse für den Aktienmarkt kommen.
Von der amerikanischen Politik könnten positive Impulse für den Aktienmarkt kommen.

Am Ende dieser Woche wird Donald Trump als Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt und die ganze Welt schaut gespannt nach Washington. Den ersten 100 Tagen einer neuen Präsidentschaft kommen traditionell eine große Bedeutung zu, doch unter Trump könnten die Märkte besonders nervös auf jede Amtshandlung des Neu-Präsidenten reagieren. Das aktuell relativ unsichere Marktumfeld bietet David Eiswert, Portfoliomanager Global Focused Growth Equity Strategy, zufolge daher alle Voraussetzungen für eine erhöhte Volatilität sowie Aktien- und Sektorrotationen. „Für Investoren ist es derzeit besonders wichtig, genau zu wissen, welche Aktien sie kaufen wollen, um in Schwächephasen des Marktes dann auch beherzt zugreifen zu können.“

Markt erwartet traditionelle republikansiche Wirtschaftspolitk von Trump

Die zentrale Frage sei, ob der neue amerikanische Präsident den populistischen Kurs aus dem Wahlkampf beibehalte oder eine herkömmliche republikanische Politik verfolge, die die US-Wirtschaft stimulieren könne. „Der Markt geht derzeit eher davon aus, dass Trump auf eine verantwortungsvolle republikanische Wirtschaftspolitik einschwenken wird und von seinen populistischen Ankündigungen absieht. Ob es tatsächlich so kommt, bleibt allerdings abzuwarten. Kurzfristig ist es daher ratsam, ausreichend Liquidität bereitzuhalten, um zuschlagen zu können, wenn eine Intervention – oder auch nur ein Tweet – von Präsident Trump wieder einmal für Erschütterungen bei einzelnen Aktien oder ganzen Sektoren sorgt“, erklärt David Eiswert.

Trotz der ingesamt hohen politischen und wirtschaftlichen Unsicherheit gibt es einige Maßnahmen, die die neue Administration mit einiger Gewissheit angehen wird. So erwartet der Investmentexperte, dass die Steuersätze für Unternehmen und Privatpersonen gesenkt werden. Das sei vor allem für US-amerikanische Unternehmen, die einen recht hohen Steuersatz zahlen müssten, eine gute Nachricht. Außerdem hält Eiswert eine Verlangsamung und teilweise Aufhebung von Regulierungsbestrebungen für wahrscheinlich. „Reformen in der Regulierungspraxis könnten besonders Pharmaunternehmen zugutekommen, die dann mehr Spielraum bei der Preisgestaltung hätten“, so Eiswert. Im Rahmen von Produktinnovationen wären dann theoretisch sogar Preiserhöhungen denkbar. Auch Finanzunternehmen könnten von weniger Regulierung profitieren.

Konträre Investments bieten attraktive Anlagechancen

Die generell positive Reaktion des Marktes auf die Wahl Trumps sei allerdings mit Vorsicht zu genießen. Die Kursgewinne nach der Wahl beruhten vor allem auf der sogenannten „election honeymoon“ – den Flitterwochen, in die sich Märkte und Politik nach Wahlen gerne begeben. Daher sei es umso wichtiger, dass Investoren langfristig planten und entsprechende Anlageentscheidungen träfen. Die aktuelle Situation sei zwar vor allem für Finanzunternehmen und Pharmafirmen von Vorteil, dennoch sei Selektivität derzeit Trumpf.

So hätten beispielsweise Basiskonsumgüter und Schwellenländer-Titel in den Wochen nach der US-Präsidentschaftswahl einen Dämpfer erlitten, was auch vor dem Hintergrund der erwarteten sukzessiven Zinserhöhungen durch die amerikanische Zentralbank nachvollziehbar sei. „Wir sind immer auf der Suche nach konträren Investments, die angemessene Chancen bieten. Derzeit schauen wir daher auch verstärkt auf die Emerging Markets – allerdings mit der gebotenen Umsicht. Auch einige Konsumgüter-Firmen könnten attraktive Möglichkeiten bieten. Unser Hauptaugenmerk liegt aber nach wie vor darauf, individuelle Unternehmen zu identifizieren, die auf lange Sicht überdurchschnittliches Wachstumspotenzial haben“, sagt Eiswert. Diese Unternehmen macht der Portfoliomanager momentan im IT-Sektor und im Bereich der Nicht-Basiskonsumgüter aus – gerade auch, weil diese Marktsegmente zuletzt nicht sehr in der Gunst der Anleger standen.

Hinsichtlich des Energiesektors ist Eiswert dagegen skeptisch. Das Überangebot am Markt werde durch eine potenzielle Ausweitung der Energieförderung in den USA unter Trump noch vergrößert: „Zusätzliche Verfügbarkeit am Energiemarkt erhöht den Abwärtsdruck auf die globalen Preise mittelfristig“. Auch Eiswerts Blick auf Industriegüter und Rohstoffe ist wenig enthusiastisch. „Selbst wenn die USA ihre Infrastrukturausgaben drastisch erhöhen, macht das global gesehen nur einen relativ begrenzten Teil der Gesamtnachfrage aus. Viele Industriegüter- und Rohstoff-Unternehmen sind aber weltweit aktiv. Daher halten wir uns bei Bewertungen in diesem Bereich zurück“, erläutert Eiswert.

Letzlich sei es unter den gegebenen Bedingungen besonders empfehlenswert, einzelne Unternehmensaktien genau zu analysieren, um die Auswirkungen etwaiger politischer Richtungsänderungen abschätzen zu können. „Im Laufe des Jahres wird es zentral sein, Enttäuschungen zu vermeiden. Als überzeugte Stockpicker bleiben wir unserer Anlagephilosophie treu: Fundierte Kenntnisse über individuelle Unternehmen ermöglichen es uns, bisher unentdecktes Wachstumspotenzial zu finden. Das gilt unter Trump genauso wie zuvor.“ (tr)

Foto: Shutterstock

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