Handelsstreit: Trumps verzerrte Wahrnehmung

US-Präsident Donald Trump betont immer wieder die unfairen Handelsbedingungen und sieht das US-Außenhandelsdefizit als Folge. Doch auch nach den Zahlen seiner eigenen Behörde exportieren die USA mehr nach Europa als umgekehrt. Ifo-Handelsexperte Gabriel Felbermayr erklärt, warum Trumps Wahrnehmung verschoben ist.

Verladeplatz im Hafen mit Containern, Containerschiff und Flugzeug.
Zum Handel zählen nicht nur physisch transportierbare Waren sondern auch Dienstleistungen.

Der Ifo-Handelsexperte Gabriel Felbermayr hat US-Präsident Donald Trump eine „verzerrte Wahrnehmung“ vorgeworfen. „Er spricht nur von dem US-Defizit bei den Waren, verschweigt aber, dass die USA bei Dienstleistungen und Unternehmensgewinnen einen massiven Überschuss gegenüber der EU erwirtschaften“, sagte Felbermayr am Freitag zum Auftakt des G7-Gipfels.

Old- versus New Economy

„Nach den eigenen Zahlen der Amerikaner steht unter dem Strich der Leistungsbilanz ein Plus von 14 Milliarden US-Dollar für die USA. Diese ’schwarze Null‘ steht dort übrigens schon seit 2008“, so Felbermayr.

„Die USA haben Wettbewerbsvorteile Vorteil in der ‚New Economy‘, vor allem bei digitalen Dienstleistungen: Apple, Amazon, Facebook, Google und Konsorten lassen grüßen. In der ‚Old Economy‘, bei Autos, Maschinen, diversen Konsumgüter, sogar bei Nahrungsmitteln, hat die EU einen Wettbewerbsvorteil.“

„Es ist falsch, einzelne Mitgliedsstaaten der EU herauszupicken“

Die Daten des US-Handelsministeriums wiesen zwar ein Leistungsbilanzdefizit mit Deutschland von 65 Milliarden Dollar aus. „Doch es ist falsch, einzelne Mitgliedsstaaten der EU herauszupicken. Die EU ist eine Zoll- und Wirtschaftsunion, in der die einzelnen Mitglieder eng verbunden sind“, sagt Felbermayr.

„Der US-Überschuss in der Höhe von fast 100 Milliarden Dollar mit den Niederlanden ist zu weiten Teilen Deutschland zuzurechnen.“ Amerikanische Internet-Unternehmen würden den deutschen Markt über steuerliche Niederlassungen in den Niederlanden bedienen. Ähnliche Muster gebe es mit Irland.

„Beide Partner sind hochgradig verletzlich“

Felbermayr warnte: „Beide Partner sind hochgradig verletzlich. Beide würden bei einem eskalierenden Handelskrieg verlieren. Europa muss nun Einigkeit zeigen, und den Amerikanern die eigenen Zahlen verdeutlichen.“

Er fügt hinzu: „Europa muss auch bereit sein, in der Digitalwirtschaft Gegenmaßnahmen in den Raum zu stellen, beispielsweise die von der EU-Kommission ins Gespräch gebrachte Digitalsteuer, falls die Amerikaner Zölle auf europäische Autos erheben sollten.“

US-Präsident Trump hatte vor dem Gipfel in einem Tweet beklagt, die USA hätten ein Defizit von 151 Milliarden Dollar mit der EU. Die Zahl des US-Wirtschaftsministeriums lautet allerdings 153 Milliarden Dollar und gilt nur für die ‚Old Economy‘.

Foto: Shutterstock

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