Kontrolleure der Mittelverwendung im Visier der Anleger

Kommt der MVK dieser vorvertraglichen Hinweispflicht nicht nach, so wird zu Gunsten des Anlegers vermutet, dass er sich an dem Fonds gar nicht erst beteiligt hätte, wenn er von dem Fehlverhalten gewusst hätte. Dies ist überzeugend, wenn man berücksichtigt, dass der Mittelverwendungskontrollvertrag im Prospekt abgedruckt ist und er damit für den Interessenten ersichtlich Teil der Sicherungskonzeption des Fonds ist.

Kurzum: Der Anleger soll sich darauf verlassen dürfen, dass ein solches Sicherungskonzept dann auch tatsächlich eingehalten wird.

Fazit: Einzelfallentscheidung

Für die Praxis gilt aber gleichwohl, dass ein Schadensersatzanspruch nicht unbedingt leicht durchsetzbar sein wird. Zum einen verbleibt ein durchaus erheblicher einzelfallbezogener Spielraum, wann ein Fehlverhalten so gravierend ist, dass eine vorvertragliche Hinweispflicht des Mittelverwendungskontrolleurs ausgelöst wird. Mangels irgendwelcher gesetzlicher Vorgaben wird es weiterhin den Gerichten vorbehalten sein, hier im Einzelfall Grenzen zu ziehen.

Wo allerdings derart regelmäßige und nachhaltige Verstöße gegen die Auszahlungsbedingungen des Mittelverwendungskontrollvertrages vorliegen, dass von einer wirkungsvollen Kontrolltätigkeit nicht mehr gesprochen werden kann, da sollte eine vorvertragliche Hinweispflicht angenommen werden.

Dass die Rechtsprechung den Mittelverwendungskontrolleur dann zu einem Hinweis gegenüber den potenziellen Anlegern zwingt, ist durchaus bemerkenswert. Die Rechtsprechung steht aber auf dem Standpunkt, dass die sich hierbei aller Voraussicht nach ergebenden praktischen Schwierigkeiten – dem Mittelverwendungskontrolleur sind im Unterschied etwa zum Treuhänder die potenziellen Anleger nicht namentlich bekannt – schlichtweg vom Mittelverwendungskontrolleur zu lösen sind. Notfalls solle hierfür auf die Fachpresse zurückgegriffen werden.

Im Ergebnis bleibt die für Anleger erfreuliche Feststellung, dass ein gravierendes Fehlverhalten des Mittelverwendungskontrolleurs den Anleger tatsächlich zur begehrten Rückabwicklung des Beteiligungserwerbs berechtigen kann. Eine ganz erhebliche Hürde werden diese aber dennoch regelmäßig aus dem Weg zu räumen haben. Sie müssen das Fehlverhalten des MVK nachweisen, da sie die Darlegungs- und Beweislast tragen.

Da sich die Kontrolltätigkeit aber primär im Verhältnis des Mittelverwendungskontrolleurs zur Fondsgeschäftsführung abspielt, kann es unter Umständen sehr schwer werden, an die notwendigen Informationen und Unterlagen zu gelangen. Offensichtlich ist aber auch diese Problematik bei den Gerichten „angekommen“.

Das Kammergericht Berlin hat erst kürzlich einem Anleger einen Auskunftsanspruch gegen den Mittelverwendungskontrolleur über die von diesem genehmigten Verfügungen zugesprochen, damit er die Vertragsgemäßheit der Tätigkeit des Mittelverwendungskontrolleurs prüfen könne (Urteil vom 20. Januar 2011 – Az. 19 U 70/10).

Florian Kelm ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Zacher & Partner, Köln.

Foto: Katrin Stein

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