Sachwertanlagen – Haftungsfallen in der Beratung vermeiden

Zum anderen hilft die Einholung eines IDW-S4 Gutachtens und weiterer Informationen beim Emissionshaus, den Vorwurf der mangelnden Plausibilitätsprüfung auszuräumen. Das IDW-S4 Gutachten, zumindest aber den Bestätigungsvermerk (beanstandungsfreies Testat) sollte dem Berater vor Vertriebsbeginn einer neuen Kapitalanlage vorliegen, da die Vermögensschadenshaftpflichtversicherung ansonsten im Fall des Falles die Deckung verweigern kann.

Das nachträgliche Beschaffen solcher Testate nach Abschluss der Vertriebsphase gestaltet sich häufig schwierig. Doch auch hier gilt: selbst ein beanstandungsfreies IDWS4-Gutachten ist kein Freibrief für den Vermittler! Auch ein Bestätigungsvermerk des Wirtschaftsprüfers ersetzt die eigene Prüfung nicht (BGH ZIP 2000, 355; Oberlandesgericht Frankfurt vom 15. Juli 2004, Az: 3 U 155/02).

Information über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (negative Presse)

Nach der ständigen Rechtsprechung ist es die Aufgabe eines Anlageberaters, im Rahmen der Auskunft alle Umstände wahrheitsgemäß und vollständig darzustellen, die für die Anlageentscheidung des Anlegers von Bedeutung sind.

Da die zur Akquisition verwendeten Prospekte „naturgemäß allgemein dahin ausgerichtet [sind], die angebotenen Anlagen als (besonders) werthaltig und rentabel herauszustellen“ (so OLG Schleswig vom 28. August 2013, Az. 5 U 76/13, Rn 24), darf der Vermittler sich nicht nur auf die Angaben im Prospekt verlassen, sondern muss diese Angaben auch kritisch sehen: Passen diese Angaben noch zu aktuellen wirtschaftlichen Lage? Haben sich vielleicht seit Prospektherausgabe der Markt oder sonstige Rahmenbedingungen geändert – und damit die Erfolgsaussichten für diese Kapitalanlage?

Um dies bewerten zu können, muss der Anlageberater auch die „anerkannte Wirtschaftspresse“ regelmäßig lesen. Er muss die wirtschaftlichen, rechtlichen sowie politischen Rahmenbedingungen kennen, die für die Kapitalanlagen von Bedeutung sind. Zur anerkannten Wirtschaftspresse zählt der BGH insbesondere die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die Börsenzeitung, die – mittlerweile eingestellte – Financial Times Deutschland und das Handelsblatt.

Wenn der Vermittler diesen Rat befolgt und im Kundengespräch auf veränderte Rahmenbedingungen oder entsprechende Presseartikel aktiv hinweist, ist er gut gewappnet gegen den ebenfalls regelmäßig anzutreffenden Vorwurf in Schadensersatzprozesse, angeblich auf schwierige Marktbedingungen oder negative Presseberichte nicht hingewiesen zu haben.

Auch dies sollte entsprechend dokumentiert werden; die Ergebnisse dieser Recherchen sind auch Teil der Plausibilitätsprüfung.

Seite drei: Beratungsdokumentation

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