Mittelverwendungskontrolle: Nicht jeder Fehler führt zur Haftung

Dritte Argumentationsebene

In jedem Fall wäre ein derartiger Schaden aber primär dadurch „wieder gut zu machen“, dass der konkrete fehlerhaft verwandte Betrag gegenüber dem Fondsvermögen ausgeglichen würde und nicht durch Rückabwicklung der Beteiligung des Anlegers insgesamt. Da der betreffende Anleger vor dem Landgericht Bielefeld aber ausdrücklich seinen persönlichen Zeichnungsschaden ersetzt haben wollte, griff dieser Gesichtspunkt dort nicht durch.

Ein solcher Rückwicklungsanspruch ist nur dann denkbar, wenn der Mittelverwendungskontrolleur schon vorvertragliche Aufklärungspflichten gegenüber dem Anleger verletzt hat. Diese dritte Argumentationsebene ist sozusagen die „Königsklasse“ bei derartigen Verfahren.

In Einzelfällen hat die Rechtsprechung angenommen, dass der Mittelverwendungskontrolleur auch dann, wenn er selbst nicht unmittelbar am Prospekt beteiligt war, die Anleger davor warnen muss, sich an dem entsprechenden Fonds zu beteiligen.

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Dies insbesondere dann, wenn ihm bereits in der Zeichnungsphase Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Mittelverwendungskontrolle umgangen oder nicht sachgerecht ausgeübt wird.

In jedem Fall kommen solche Ansprüche nur dann in Betracht, wenn nachgewiesen werden kann, dass bereits vor dem Beitritt des betreffenden Anlegers entsprechende Unregelmäßigkeiten auftraten, die eine Warnpflicht auslösten. Spätere – auch krasse – Pflichtverletzungen reichen insoweit nicht aus, wenn man nicht unterstellt, dass der Mittelverwendungskontrolleur von vornherein eine völlige Missachtung seiner Verpflichtungen vor hatte.

Der Fall liegt derzeit dem Oberlandesgericht Hamm als Berufungsinstanz vor, welches gegebenenfalls auch über diese dritte Argumentationsebene zu entscheiden haben wird. Er ist jedoch schon jetzt ein Lehrstück dafür, dass im Haftungsfall kein abstrakter Soll-Maßstab für die Mittelverwendungskontrolle, sondern nur der konkret abgeschlossene Vertrag maßgeblich ist und auch dabei sehr genau zu differenzieren ist, welche Pflichtverletzung tatsächlich dem einzelnen Anleger „sein Geld zurück bringen“ kann.

Autor Prof. Dr. Thomas Zacher ist Partner der Kanzlei Zacher & Partner Rechtsanwälte in Köln und Professor an der FHDW Bergisch Gladbach.

Foto: Guido Schiefer

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