Verliert die Regulierung endgültig jedes Maß?

Schließlich geht es lediglich um die  Durchsetzung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften und Fristen. Zivilrechtliche Ansprüche von Anlegern, die etwa wegen einer verspäteten Adhoc-Mitteilung Geld verloren haben, kommen gegebenenfalls noch hinzu. Dafür gibt es dann kann keine Grenze.

Dazu kommt noch der „Bafin-Pranger„: Die Maßnahmen werden auf der Website der Behörde veröffentlicht. Dass dies keine leere Drohung ist, belegen die regelmäßigen Mitteilungen. So war dort zuletzt zu erfahren, dass die Behörde Zwangsgelder von 335.000 Euro gegen ein Daunen-Verarbeitungsunternehmen und Geldbußen von 247.500 Euro gegen einen Hersteller von Spezialglas verhängt hat – wem auch immer diese Informationen nützen sollen.

Das ist für die namentlich genannten Unternehmen, deren Aktienkursentwicklung in beiden Fällen ohnehin auf eine tiefe Krise schließen lässt, nicht nur ziemlich teuer, sondern auch äußerst peinlich und Image schädigend.

Weitere Verschärfung durch MiFID II

Die jetzt veröffentlichten Bußgeldleitlinien beziehen sich auf die Emittenten von Wertpapieren, also primär Aktien. Die Sachwertbranche ist davon nicht direkt betroffen. Doch auch in diesem Bereich sind die Strafvorschriften zuletzt erheblich verschärft worden und werden mit der Umsetzung der EU-Finanzmarktrichtlinie MiFID II ab Anfang 2018 nochmals erweitert. Zudem belegt der Vorgang erneut, wie rücksichtslos Politik und Aufsicht vorgehen, wenn es darum geht, die Finanzmärkte zu drangsalieren oder zu „zähmen“, wie es im Politik-Sprech heißt.

Nun lässt sich lange darüber lamentieren, dass die Strafen völlig überzogen sind und die Politik jedes Maß verloren hat. Auch ist die Feststellung, dass die Gefahr einer spürbaren Schwächung der deutschen Wirtschaft besteht, weil die Unternehmen nur noch mit Vorschriften und Formalien beschäftigt sind und sich kaum noch auf ihr eigentliches Geschäft konzentrieren können, durchaus ebenso angebracht wie die Frage, ob es wirklich so wichtig ist, ob ein Finanzbericht eine Woche früher oder später veröffentlicht wird.

Den Betroffenen jedoch hilft das alles nicht weiter. Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als sich zu fügen und die Vorschriften akribisch einzuhalten – so lästig und vielfach nutzlos das im Einzelfall auch sein mag.

Stefan Löwer ist Chefanalyst von G.U.B. Analyse und betreut das Cash.-Ressort Sachwertanlagen. Er beobachtet den Markt der Sachwert-Emissionen als Cash.-Redakteur und G.U.B.-Analyst insgesamt schon seit mehr als 25 Jahren. G.U.B. Analyse gehört wie Cash. zu der Cash.Medien AG.

Foto: Anna Mutter

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