Der neue IDW S4 bringt die Branche wenig weiter

Auch wenn „nachvollziehbar“ und „plausibel“ ziemlich nahe beieinander liegen, sollen die WP auf Letzteres offensichtlich nicht festgenagelt werden können. Ohnehin wollen die WP einmal mehr hohe Honorare kassieren, aber keinerlei Verantwortung übernehmen.

Adressat des Prospektgutachtens ist „ausschließlich der Prospektherausgeber“. Es darf nur an „gewerblich tätige Geschäftspartner“ wie Vertriebe weitergegeben werden. Und das auch nur dann, wenn diese einem „vollständigen Haftungsausschluss“ zustimmen und sich verpflichten, das Gutachten ihrerseits nicht weiterzureichen.

Die Weitergabe an Anleger ist untersagt. Sie sollen von dem Gutachten unter keinen Umständen erfahren oder es gar zu Gesicht bekommen. Das ist schon eine ziemliche Zumutung, auch wenn in der Praxis die meisten Anleger wahrscheinlich ohnehin keinen allzu großen Wert darauf legen.

Wieder nur ein Entwurf

Auch die Hoffnung, dass nun wenigstens endlich Klarheit herrscht, enttäuscht der neue IDW S4. Er ist wider Erwarten erneut nur ein Entwurf. Änderungsvorschläge sind bis 10. März 2016 möglich. Danach wird es wahrscheinlich wieder Monate oder gar Jahre dauern, bis die endgültige Fassung verabschiedet ist.

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Zudem hängen nun wiederum die Prospekte für Angebote nach dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) in der Luft. Der neue IDW S4 gilt nur für AIF und soll den alten Standard ersetzen. Für die Vermögensanlagen fehlt damit ein Prüfungsmaßstab.

Vertriebsverbände gefordert

Jetzt sind die Vertriebe und ihre Verbände gefordert. Sie müssen nicht nur darauf drängen, dass der alte IDW S4 bei Vermögensanlagen weiterhin Anwendung findet, sondern auch darauf, dass in der Neufassung für AIF der Prüfungsumfang wenigstens noch um die inhaltliche („materielle“) Vollständigkeit erweitert wird – zumindest in Bezug auf die Risikohinweise sowie auf Verflechtungen, Erläuterungen zu Prognosen/Ergebnisszenarien und die Investitionspläne bei Blind Pools.

Ohne diese Punkte, die in einigen der bisherigen AIF-Prospekte und wAI zum Teil äußerst lückenhaft sind, hilft das IDW-Gutachten dem Vertrieb wenig weiter.

Denn positiv an dem neuen IDW S4 ist bislang lediglich, dass der verunglückte erste Entwurf der Neufassung vom Tisch ist, nicht mehr jeder WP prüft, was ihm gerade gefällt und der Vertrieb ein wenig Unterstützung bei einem Teil seiner Plausibiliätsprüfung erhält. Mehr aber auch nicht.

Stefan Löwer ist Chefanalyst von G.U.B. Analyse und beobachtet den Markt der Sachwertanlagen als Cash.-Redakteur und G.U.B.-Analyst insgesamt schon seit mehr als 20 Jahren.

Foto: Anna Mutter

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