Die Bafin stoppt die Rating-Manie

Welche Akteure welchen Anteil an der Entwicklung hatten, ist nicht bekannt. Ob es sich allerdings tatsächlich um einen „organisierten Angriff“ von Hegdefonds und anderen fiesen „Spekulanten“ gehandelt hat, wie Politiker uns glauben machen wollen, darf bezweifelt werden. Mindestens ebenso wahrscheinlich ist, dass Europa durch die ausgelösten oder befürchteten gesetzlichen Automatismen wegen des Downgradings und damit durch die selbst geschaffene Regulierung beinahe in die Knie gezwungen wurde. Zumindest dürften diese erheblich zur Verschärfung der Krise beigetragen haben.

Das scheint auch die Bafin so zu sehen. Jedenfalls verweist sie als Begründung dafür, dieser Manie endlich ein Ende zu bereiten, auch auf die „Finanzmarktstabilität“ und will „prozyklische Effekte“ vermindern. Beruhigend und gleichzeitig Besorgnis erregend ist, dass die Behörde auch ankündigt: „Sollte es bei weiteren ausgewählten Europäischen Staaten zu ähnlichen Ratingverläufen kommen, ist zu erwarten, dass entsprechend verfahren wird.“ Das ist zwar unverbindlich, würde aber wohl so kommen und damit einem weiteren „Abwärtsstrudel per Gesetz“ vorbauen.

Mit der Ankündigung reduziert die Bafin auch die Abhängigkeit von Entscheidungen, die außerhalb ihres Einflussbereichs liegen. Denn alle relevanten Agenturen für Bonitätsratings haben ihren Sitz im Ausland – hauptsächlich in den USA und damit fern der deutschen Finanzaufsicht. Sie sind zudem private Unternehmen, die unter Umständen ganz eigene Interessen verfolgen. Dass deren Bewertungen qua Gesetz die Anlagepolitik deutscher Institute bestimmen, ist ohnehin mehr als unverständlich.

Ob allerdings eine europäische Ratingagentur, die seit einiger Zeit von vielen Seiten gefordert wird, Abhilfe schaffen kann, ist kaum wahrscheinlich. Entweder agiert diese unabhängig von der Politik und trifft ihre Bewertungen wie ihre amerikanischen Pendants allein bezogen auf den einzelnen Schuldner und damit ohne Rücksicht auf die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen. Oder sie ist Spielball von Politik und Finanzaufsicht und verliert damit von Beginn an jegliche Glaubwürdigkeit.

Derzeit schallt allerorten der Ruf nach schärferer Regulierung. Doch der Traum, unternehmerische Risiken durch Gesetze und staatliche Aufsicht beherrschen und Verluste auf diese Weise vermeiden zu können, ist gründlich ausgeträumt. Im Gegenteil: Statt mehr ist weniger Regulierung angebracht – oder jedenfalls eine andere Zielsetzung.

Seite 3: Wie falsche Regulierung den Herdentrieb der Finanzmärkte potenziert

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