Solvency II: Europäische Versicherer unzureichend vorbereitet

In Sachen Solvency II besteht Handlungsbedarf für die Versicherer aller europäischer Kernmärkte. Es existieren unterschiedliche Problemfelder in einzelnen Märkten und Sparten. Aktuell verdienen nur wenige Versicherungssparten ihre Kapitalkosten. Das zeigt eine Simulation der Unternehmensberatungen Bain & Company sowie Towers Watson.  

Mit dem neuen EU-Regelwerk Solvency II rückt Kapital als knappe Ressource in den Mittelpunkt der strategischen Überlegungen aller europäischen Versicherer. Die Unternehmensberatung Bain & Company hat gemeinsam mit Towers Watson in den vergangenen Monaten die Auswirkungen von Solvency II auf die wichtigsten Versicherer in den vier großen EU-Märkten Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien für das Leben-, Kranken- und Schaden-/Unfallgeschäft analysiert. Dazu wurde ein einheitliches Modell auf Basis öffentlicher Daten und gemäß der QIS5-Spezifikationen verwendet. Die Studie „Solvency II – eine strategische und kulturelle Herausforderung“ konzentriert sich auf zwei entscheidende Kennzahlen: die Solvenzquote und die risikoadjustierte Profitabilität.

Laut Bain & Company sowie Towers Watson zeigen die Ergebnisse der Studie deutlich, dass viele Unternehmen noch unzureichend auf Solvency II vorbereitet sind, so dass selbst eine Verschiebung der Einführung auf 2014 für viele Unternehmen keine Entwarnung bedeute. Daher stehe bei den Unternehmen in den nächsten Jahren nicht nur die operative Vorbereitung auf der Agenda, sondern auch die Optimierung und gegebenenfalls Neuausrichtung ihres Geschäftsmodells.

Die Solvenzquoten insbesondere der deutschen und britischen Lebensversicherer sind laut der Studie unter Solvency II kritisch: für 25 Prozent der deutschen und 21 Prozent der britischen Unternehmen führt die Simulation zu einer Solvenzquote gemäß QIS5 von weniger als 100 Prozent. Die wesentliche Ursache für dieses im europäischen Vergleich schwache Ergebnis sei der hohe Anteil von Rentenversicherungen mit langen Laufzeiten in Deutschland und Großbritannien. Jede vierte deutsche Lebensversicherung sei heute als Rentenversicherung ausgestaltet, mit deutlich steigender Tendenz; in Frankreich und Italien seien es weniger als zehn Prozent. Diese langlaufenden, traditionellen Lebensversicherungen mit einer garantierten Verzinsung erforderten unter Solvency II eine hohe Kapitaldeckung. Erschwerend komme hinzu: Verglichen mit anderen europäischen Ländern sei in Deutschland die Diskrepanz zwischen den Laufzeiten der Versicherungsverträge und des angelegten Vermögens besonders hoch; manches Haus fahre mit Blick auf die deutsche Rechnungslegung nach HGB nach wie vor kurze Durationen. Zum Vergleich: In Frankreich, Italien und Großbritannien sei der Duration Mismatch in der Regel kein Thema, weil die Verbindlichkeiten deutlich kurzfristiger seien oder bei Sofortrenten durch entsprechende Langläufer gedeckt würden.

Seite 2: So sieht es in der Schaden- und Unfallsparte in Europa aus

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