Berufsunfähigkeit: Schutz vorm freien Fall

Dabei zeigte sich, dass vor allem „gute“ Risiken profitieren: Unter den zehn Berufen mit den höchsten Beitragsvergünstigungen zwischen 2010 und 2012 finden sich ausnahmslos „Kopfarbeiter“, die statistisch gesehen seltener berufsunfähig werden als vorwiegend körperlich arbeitende Menschen. Die größten Einsparungen ergeben sich demnach für Ökonomen (minus 20 Prozent), gefolgt von Modegestaltern und Regisseuren (jeweils minus 16 Prozent).

Wie fein die Versicherer inzwischen ihre Prämien kalkulieren, wird auch daran deutlich, dass selbst ein eher abseitiges Berufsbild, wie das des „Philosophen“ im Top-Ten-Ranking auftaucht. Doch selbst ein Philosoph, zu deutsch „Denker“, hätte seine liebe Mühe, einen roten Faden in der Prämienkalkulation der Versicherer zu erkennen.

So könne es durchaus passieren, dass ein Beruf bei der Hälfte der Versicherer billiger, bei der anderen Hälfte hingegen teurer ausfalle, erklärt Fachmann Schinnenburg. Dies hänge auch damit zusammen, dass die Anbieter ihre Kunden großzügiger und damit günstiger einstufen, wenn sie einer bestimmten Zielgruppe gerecht werden möchten.

Gute Ausbildung wird honoriert

Zudem honorieren es manche Anbieter, wie etwa die Stuttgarter Versicherung oder der Volkswohl Bund, wenn ein Kunde eine besonders umfangreiche berufliche Qualifikation vorweisen kann. „Eine gute Ausbildung und Personalverantwortung haben positiven Einfluss auf das Risiko der Berufsunfähigkeit – das spiegelt sich bei uns auch in den Beiträgen wider“, bestätigt Jennifer Klösel, Produktmanagerin BU- und Pflegeversicherungen beim Volkswohl Bund. Das Kalkül: Im BU-Fall sind diese Menschen besonders bestrebt, sich wieder zurück ins Berufsleben zu kämpfen.

Anders geht hingegen der Anbieter Swiss Life vor. Dort sind die besonders gut ausgebildeten Berufsgruppen Ärzte und Rechtsanwälte teurer geworden – gleiches gilt für bestimmte kaufmännische Berufe. Im Gegenzug seien technische und soziale Berufe, beispielsweise Montagetechniker, Altenpfleger und Erzieherinnen, deutlich günstiger geworden, sagt Gert Wagner, Bereichsleiter Produktmanagement bei Swiss Life in Deutschland.

Der Versicherer hatte im August 2011 seine Berufsunfähigkeitsversicherung überarbeitet. „Zusammen mit unserem Rückversicherer stellten wir die Einstufungen der einzelnen Berufsgruppen hinsichtlich der vergangenen Schadenverläufe auf den Prüfstand“, sagt Wagner. Diese Erkenntnisse seien in die Prämienkalkulation eingeflossen. Man werde diese Prüfungen auch in Zukunft regelmäßig durchführen. Anpassungen würden dann selbstverständlich umgesetzt – und zwar in jede Richtung, betont der Produktmanager.

Anders als bei den Schweizern gehören beim Münchner Lebensversicherer LV 1871 die Rechtsanwälte zu den Profiteuren. Zudem könnten auch Elektrotechniker und Bürokaufleute seit Juni 2012 günstigere Prämien in Anspruch nehmen, sagt Dr. Klaus Math, Vorstand Produkte und Versicherungstechnik.

Man habe bereits 2004 und in einem weiteren Schritt 2009 ein höher differenziertes Berufsgruppensystem eingeführt. Damit biete man auch Personen, die risikoreichere Berufe ausüben, die Möglichkeit, sich zu bezahlbaren Preisen gegen Berufsunfähigkeit abzusichern, so Math.

Foto: Guido Schiefer

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