Tempolimit für LV-Abschlusskosten

Es ist zu befürchten, dass der Wettbewerb zunehmend erlahmt und Versicherer mit großen Ausschließlichkeitsorganisationen durch die gesetzliche Regelung Marktanteile zurückgewinnen, und zwar zu Lasten der bisher im Wettbewerb agilen kleineren Versicherer.

Ebenso wenig zielführend im Sinne eines effektiven Verbraucherschutzes sind aber auch die übrigen diskutierten Ansätze zum Schutz des Verbrauchers. Ein Provisionsverbot ist vornherein, den Verbraucher zu schützen.

Nettopolice versus Bruttopolice

Abschlusskostenfrei kalkulierte Lebensversicherungen, die hierzulande auf Honorarbasis für luxemburgische Versicherer vertrieben werden, zeigen vielmehr, welche Bedeutung der Schicksalsteilungsgrundsatz für den Verbraucherschutz hat. Denn die vom Kunden für die Vermittlung einer Nettopolice geschuldete Maklercourtage ist nach dem Gesetz unabhängig von der Laufzeit der Versicherung.

Damit bleibt der Versicherungsnehmer trotz Storno vor Ablauf von sechzig Monaten weiterhin vollumfänglich zur Zahlung der Abschlussprovisionen verpflichtet. Demgegenüber muss er bei einer Bruttopolice nur Abschlusskosten tragen, die sich bei gleichmäßiger Verteilung auf die ersten 60 Vertragsmonate für die durchgeführte Laufzeit der Versicherung ergeben.

Auch eine Umstellung von der so genannten Einmalprovision auf das System mit laufender Provision wäre keine Lösung für das Lebensversicherungsgeschäft. Denn damit wären erhebliche Schwierigkeiten verbunden.

Dies zeigen die Erfahrungen in den Ausschließlichkeitsorganisationen, die bei der Umstellung von Diskont- auf laufende Provisionen im Sachgeschäft gemacht worden sind.

Vermeidung der Vernichtung ungebundener Vermittler

Zur Vermeidung der Vernichtung ungebundener Vermittlerexistenzen müsste die erstjährige Provision über einen längeren Zeitraum sukzessive abgeschmolzen und durch eine in dieser Zeit gleichmäßig ansteigende Provision ab dem zweiten Versicherungsjahr ersetzt werden. Erst dann kann die Provision vom ersten Versicherungsjahr an gleich bleibend gezahlt werden.

In jedem Fall ist klar, dass die von den Versicherern angedachte bloße Begrenzung der Abschlusskosten in der Lebensversicherung den Weg zu mehr Verbraucherschutz nicht ebnen kann. Bemerkenswert erscheint in diesem Zusammenhang, dass die Verbände der Versicherer unlängst in Berlin in Abrede gestellt haben, den Gesetzgeber überhaupt gerufen zu haben. Über die Motive dazu muss wohl nicht lange spekuliert werden.

Gefürchtet wird dabei wohl weniger das Kartellamt. Wahrscheinlicher erscheint es nämlich, dass der GDV erkannt hat, vom Gesetzgeber nicht noch einmal mit einem Provisionslimit beglückt zu werden, ohne dass damit zugleich Maßnahmen zur nachweislichen Optimierung der Produkte vorgegeben werden.

In diese Richtung könnten jedenfalls die nach dem Koalitionsvertrag angestrebten Maßnahmen deuten. Sie sollen geeignet sein, die Lebensversicherung in den Punkten Risikotragfähigkeit und Stabilität zu stärken. Ein Provisionslimit allein kann dies sicher nicht leisten.

Jürgen Evers ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Blanke Meier Evers in Bremen. Als Experte für Vertriebsrecht setzt er sich seit mehr als zwanzig Jahren in seiner täglichen Beratungspraxis sowie als Autor mit den wichtigsten Fragestellungen der Branche auseinander. Zudem ist Jürgen Evers Herausgeber der größten Datenbank der deutschen Rechtsprechung im Vertriebsrecht, Vertriebsrecht in Leitsätzen.

Mehr Infos unter www.bme-law.de
Twitter: @JuergenEvers

Foto: Blanke Meier Evers Rechtsanwälte

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