Einigung bei Bewertungsreserven rückt in weite Ferne

Am 26. Februar berät der Vermittlungsausschuss, ob die Versicherer künftig weniger Bewertungsreserven an ihre Kunden ausschütten müssen. Der GDV und der Experte Professor Helmut Gründl sprechen sich im Vorfeld für eine Neuregelung aus, doch diese gilt als unwahrscheinlich.

Prof. Helmut Gründl, Goethe-Universität Frankfurt

„Die Beteiligung der Versicherungskunden an den Bewertungsreserven festverzinslicher Wertpapiere ist das glatte Gegenteil von Verbraucherschutz“, schreibt Gründl in einer kurzen Stellungnahme. Der Geschäftsführende Direktor des International Center for Insurance Regulation im House of Finance der Goethe-Universität Frankfurt begründet dies damit, dass Bewertungsreserven bei festverzinslichen Wertpapieren immer nur „temporärer Natur“ seien.

Sie würden am Ende der Bond-Laufzeit „automatisch“ abgebaut, sodass alle Versicherungskunden daran über die normale Überschussbeteiligung partizipierten. Eine Beteiligung, wie sie der § 153 Abs. 3 VVG seit einer Änderung 2008 vorsieht – hälftige Beteiligung der Kunden bei Ablauf ihres Versicherungsvertrages –, würde hingegen dazu führen, dass nur solche Versicherungskunden in den Genuss der Reserven kommen, bei denen zufällig gerade der Vertrag ausläuft, schlussfolgert der Wissenschaftler.

Einigung im Vermittlungsausschuss gilt als unwahrscheinlich

Dass am Dienstag eine Änderung der bestehenden Regel beschlossen wird, gilt jedoch als unwahrscheinlich. Wie es am vergangenen Freitag aus Koalitionskreisen hieß, konnte sich eine Arbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses von Bundestag und -rat nicht auf einen Kompromiss zu einem von der Koalition vorgelegten Gesetzentwurf einigen. Dieser sah vor, dass die Versicherer weniger als die Hälfte ihrer Stillen Reserven auf festverzinsliche Anlagen an die Kunden auszahlen müssen. Dadurch soll verhindert werden, dass Versicherer nicht zum vorzeitigen Verkauf renditeträchtiger Papiere gezwungen sind.

Eine Lösung der festgefahrenen Situation noch in dieser Wahlperiode ist laut Unions-Fraktionsvize Michael Meister (CDU) nicht mehr zu erwarten.

GDV zwischen Enttäuschung und Zuversicht

Beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bedauert man es, dass sich die Arbeitsgruppe nicht verständigen konnte: „Keine Neuregelung der Bewertungsreservenbeteiligung auf festverzinsliche Wertpapiere bedeutet für 95 Prozent der Versicherten keine gute Lösung. Das heißt, Lebensversicherer sind in der anhaltenden Niedrigzinsphase weiterhin gezwungen, hohe Sonderausschüttung zugunsten weniger Kunden zu leisten“, kommentierte Jörg von Fürstenwerth, Vorsitzender der GDV-Hauptgeschäftsführung.

„Die übrigen 95 Prozent der Lebensversicherungskunden müssen das künftig mit stärker sinkenden Überschüssen bezahlen“, so Fürstenwerth, der zugleich betonte, dass man weiterhin der Überzeugung sei, dass eine faire Neuregelung für alle Versicherten mit Härtefallregeln für die jetzt ausscheidenden Verträge möglich sei.

Verbraucherschützer sprechen sich gegen eine gekürtzte Weitergabe der Bewertungsreserven aus. So würde durch eine Neuregelung jenen Versicherten, deren Verträge demnächst zur Auszahlung anstehen, beträchtliche Gewinne entgehen. (lk)

Foto: House of Finance der Goethe-Universität Frankfurt

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