Bewertungsreserven: „Kunden werden gegeneinander ausgespielt“

Und bei den Mitteln in den Schlussüberschusstöpfen sollte endlich auch geklärt werden, nach welchen Regeln diese Gelder den Kunden zu Gute kommen sollen. Für die Bildung all dieser Reserven verzichten die Kunden auf Überschüsse, deswegen brauchen wir Klarheit, wie sie später an den Reserven beteiligt werden.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) meint, dass 95 Prozent der Kunden, die eine noch länger laufende Lebensversicherung haben, von einer entsprechenden Neuregelung der Bewertungsreserven profitieren würden. Was kritisieren Sie an der Darstellung des GDV?

Das ist Unfug. Warum sollten denn die Kunden davon profitieren, wenn ein Teil der Überschüsse gestrichen wird? Wenn sich der GDV durchsetzt, dann sind zwar auf jeden Fall alle Kunden gleichgestellt, aber eben nur indem dann alle weniger bekommen.

Diese Strategie, die Kunden gegeneinander auszuspielen damit die Unternehmen mehr bekommen, ist perfide. Wenn die Versicherungswirtschaft es ernst meint, dass sie eine soziale Verantwortung übernehmen will, dann sollte sie den Kunden reinen Wein einschenken und nicht verschiedene Kundengruppen gegeneinander hetzen. Kein Kunde profitiert direkt davon, wenn andere nichts bekommen. Da gewinnen nur die Unternehmen.

Was raten Sie Kunden, die in der jetzigen Situation mit dem Gedanken einer Kündigung ihrer Lebensversicherung spielen?

Erst einmal prüfen, ob man auf den Risikoschutz des Vertrages wirklich verzichten kann und will. Ist im Vertrag zum Beispiel eine Berufsunfähigkeitsversicherung integriert und man hat mittlerweile Vorerkrankungen, kann die Fortsetzung des Vertrags ja die einzige Chance sein, einen solchen Risikoschutz zu erhalten.

Benötigt man den Risikoschutz nicht, dann sollte man mit spitzem Bleistift nachrechnen, was sich mehr rentiert: Kündigen, Beitragsfreistellung oder Vertragsfortsetzung. Ein Rückkaufswert oder die eingesparten Beiträge müssten ja dann an anderer Stelle angelegt werden.

Und um die Kürzung der Bewertungsreserven zu verhindern, sucht man am besten den Weg zu seinem Abgeordneten. Der kann Druck machen, dass die Interessen der Kunden nicht vergessen werden.

Interview: Lorenz Klein

Foto: BdV

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