Rentenreform: Die Unbelehrbaren in Berlin

Deutschland hat nach der Definition der Vereinten Nationen den Status eines „Super Agers“ erreicht. Trotzdem zeigt sich die Bundesregierung bei ihrer Rentenpolitik uneinsichtig. Mobilisierungs-Vorschläge für ältere Arbeitnehmer könnten Fehler korrigieren.

Kolumne von Prof. Dieter Weirich, DIA

An Warnungen vor den Rentenentscheidungen fehlt es nicht. Beschäftigte könnten mit 61 Jahren ihre Arbeit aufgeben, um die zwei folgenden Jahre Arbeitslosengeld I zu beziehen und danach mit 63 in Rente zu gehen.

In Deutschland herrscht eine verheerende Unkenntnis über die Rente. So wissen 84 Prozent laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage nicht, dass sie auch im Ruhestand Steuern zahlen müssen. Nur etwas mehr als jeder Dritte schätzt seine Rentenhöhe mit 30 bis 50 Prozent des jetzigen Gehalts richtig ein.

Rentenreform 2005 an Deutschen vorbei gegangen

Gleichzeitig glauben 62 Prozent der Befragten, sie hätten ausreichend für ihr Alter vorgesorgt. Ein oft trügerischer Fehlschluss. Diese Zahlen zeigen, dass die Rentenreform 2005 und ihre Auswirkungen am Bewusstsein der Deutschen weithin vorbei gegangen sind.

Damals wurde die nachgelagerte Besteuerung von Renten eingeführt. Vorsorgeaufwendungen während des Berufslebens sind seitdem zunehmend steuerbefreit, gleichzeitig werden aber die Renteneinkünfte schrittweise besteuert.

Alle, die ab 2040 in Rente gehen, müssen ihr Einkommen grundsätzlich versteuern. Statt in dieser Situation überzeugende Anreize zur Stärkung der privaten Vorsorge zu schaffen, probt die Große Koalition die Rolle rückwärts von der Agenda 2010, führt die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Versicherungsjahren ein und plant eine Aufstockung der Rente für Mütter für von vor 1992 geborene Kinder.

Fragwürdige Nahles-Kampagne

Nach dem Kabinettsbeschluss zu diesem „Rentenpaket“ plant das Bundesarbeitsministerium eine millionenschwere Kampagne zur Anpreisung dieser angeblichen sozialen Wohltat. In Umfragen hätten die Bundesbürger mehrheitlich die Absichten der schwarz-roten Regierung begrüßt.

Das mag angesichts der Ahnungslosigkeit in Sachen Alterssicherung stimmen. Hätte die Regierung freilich gefragt, ob die Arbeitnehmer mit dem Verzicht auf die gesetzlich eigentlich vorgeschriebene Senkung des Rentenbeitrages von 18,9 auf 18,3 Prozent einverstanden sind, hätte das Urteil sicher anders gelautet, werden diese doch zusammen mit den Arbeitgebern mit sechs Milliarden Euro zusätzlich belastet.

Auch die für 2030 hochgerechneten Kosten von insgesamt 130 Milliarden Euro zur Durchsetzung der Rentenbeschlüsse dürften Besorgnis hervorrufen. Man kann die Kampagne der Arbeitsministerin vor diesem Hintergrund nur fragwürdig nennen.

Warnungen und Rügen

An Warnungen vor den Rentenentscheidungen fehlt es nicht. So hat die Bundesagentur für Arbeit den Bundestags-Haushaltsausschuss vor Milliarden Euro an Zusatzkosten gewarnt. Beschäftigte könnten mit 61 Jahren künftig ihre Arbeit aufgeben, um die zwei folgenden Jahre Arbeitslosengeld I zu beziehen und danach mit 63 in Rente zu gehen.

Machten ein Viertel der Betroffenen davon Gebrauch, entstünden zusätzliche Ausgaben von 1,7 Milliarden Euro. Die Rentenversicherung wehrt sich dagegen, dass die Mütterrente alleine zu Lasten der Steuerzahler gehe und fordert deren Finanzierung aus Steuermitteln.

Seite zwei: Rentner selbst kräftig zur Kasse gebeten

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