„Zeitbombe Pflegelücke tickt unverändert heftig“

Wie pflegebedürftig ist die Pflege in Deutschland? Cash. sprach mit Dr. Rainer Reitzler, Vorstandsvorsitzender der Münchener Verein Versicherungsgruppe, über die Chancen im Pflege-Vertrieb, Fortschritte im Produkt-Bereich und was das zum 1. Januar 2015 in Kraft getretene Pflegestärkungsgesetz bewirkt.

Rainer Reitzler, Münchener Verein: „Die 1.612 Euro, die die Pflegepflichtversicherung in Pflegestufe III bei vollstationärer Pflege leistet, reichen nach wie vor nicht aus, die finanzielle Pflegelücke zu schließen.“

Cash.: Joachim Geiberger vom Analysehaus Morgen & Morgen sagte auf einer Veranstaltung Ihres Hauses im Herbst 2014, dass sich zwar das Qualitätsniveau der angebotenen Pflege-Tarife deutlich verbessert habe, jedoch noch kein „Generalschlüssel zur bedarfsorientierten Pflegeberatung“ gefunden worden sei. Wie beurteilen Sie die Situation in der Pflege? 

Reitzler: Herr Geiberger hat Recht. Das Qualitätsniveau der Pflege-Tarife hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert hat. Unter dem Motto, Gutes noch besser zu machen, gehen wir weiter voran. Wir erweitern bei unserer Deutschen PrivatPflege kontinuierlich den Leistungskatalog, wie auch unsere Service- und Assistanceleistungen. Ich nenne hier nur unseren neuen Leistungsbaustein Option auf Höherversicherung, mit dem wir bereits bei Abschluss eine spätere Erhöhung und Ausweitung des Pflegeschutzes garantieren – natürlich ohne Gesundheitsprüfung und ohne Wartezeit.

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Auch immer mehr Mitbewerber haben zwischenzeitlich erkannt, dass in diesem Marktsegment ein enormes Potential steckt. Darüber hinaus ist das Thema Pflege mittlerweile „gesellschaftsfähig“. Ich meine damit, dass es nicht mehr wie vor einigen Jahren fast ein Tabu-Thema ist, über das man nicht spricht. Kunden fragen aktiv nach Absicherungsmöglichkeiten des Pflegefallrisikos und damit entsteht ein zusätzlicher und wichtiger Impuls für die Entwicklung konkurrenzfähige Pflegeabsicherungsmodelle.

Nach aktuellen Zahlen des PKV-Verbandes stieg die Zahl der staatlich geförderten Pflegezusatzversicherungen in 2014 um 55,5 Prozent im Vergleich zu 2013 auf 549.900 Verträge, die Zahl der ungeförderten Pflegezusatzpolicen nahm im gleichen Zeitraum um 4,5 Prozent auf 2,46 Millionen zu. Der Verband wertet dies als Erfolg, aber zeigt dies nicht vielmehr, dass die Versorgung der Bevölkerung im Bereich der privaten Pflegezusatzversicherungen nach wie vor sehr gering ausfällt?

Diese Entwicklung ist grundsätzlich positiv. Sie zeigt aber auch ganz deutlich, dass die demographische „Zeitbombe“ Pflegelücke unverändert heftig tickt. Drei Millionen Pflegeversicherten stehen circa 75 Millionen Bundesbürger gegenüber, die das Pflegefallrisiko noch nicht abgesichert haben. Die Zahlen sind bekannt. Die Pflegelücke liegt bei 1.500 bis 1.800 Euro monatlich.

Beim Münchener Verein ist das Thema Pflege schon seit Jahren ein strategisches Geschäftsfeld und damit eines unserer zentralen Themen. Unser Marktanteil im Neugeschäft liegt aktuell bei etwa zwölf Prozent. Wir haben diesen Trend frühzeitig erkannt und auch rechtzeitig besetzt. Unsere Deutsche PrivatPflege ist seit Jahren im Bereich Krankenversicherung der größte Umsatzbringer.

Seite zwei: „Versorgungslücke trotz Pflegestärkungsgesetz weiterhin riesig“

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