„Assekuranz sortiert Klassik ins untere Verkaufsregal“

Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte kürzlich davor, dass eine mögliche Schieflage der Lebensversicherer die Stabilität des europäischen Finanzsystems ins Wanken bringen könnte. Teilen Sie diese Sorge und sind womöglich die Garantieansprüche der Kunden gefährdet?

Die Gefahr, die von einzelnen Versicherern auf das Gesamtsystem der Finanzmärkte ausgeht, sehe ich als begrenzt an. Sorge bereitet hier eher das Problem systemischer Risiken im System. Dies betrifft die Zinsabhängigkeit der deutschen Lebensversicherer. Davon sind nicht nur einzelne Versicherer sondern der Großteil der Branche betroffen. Die Versicherungsbranche gehört dabei zu den größten institutionellen Kapitalanleger, wobei speziell die Lebensversicherer überwiegend in werthaltige Assets investiert ist.

Druck auf die Märkte könnte dann entstehen, wenn die Versicherer im großen Umfang ihre Titel veräußern müssten. Dieses Szenario setzt aber voraus, dass ein Großteil der Kunden seine Verträge vorzeitig kündigt. Zweifel an der Erfüllbarkeit der Garantien könnte hier einen Ausschlag geben. Die Sicherstellung der Garantiezinsanforderungen hat daher schon seit geraumer Zeit Priorität und wird über die Bildung der Zinsszusatzreserve forciert.

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Wie schätzen Sie die Handlungsoptionen der Lebensversicherer in der Kapitalanlage ein?

Realwertorientierte Anlagen wie Aktien, Immobilien, Private Equity oder Rohstoffe werden zur Beimischung vermehrt betrachtet, kosten jedoch viel Eigenkapital unter Solvency II. Investitionen in Fremdwährung sind eine weitere denkbare Alternative.

Auch Infrastrukturinvestitionen stehen im Fokus. Diese scheinen aufgrund ihrer langfristig ausgelegten Geschäftsmodelle und Cash-Flows zu den Anforderungen der Versicherungswirtschaft zu passen. Es bestehen jedoch gerade für kleinere Versicherer Markteintrittsbarrieren mangels notwendigen Expertenwissens oder zu geringem Anlagevolumen. Ein geplanter Infrastrukturfonds der Bundesregierung könnte hier Abhilfe schaffen.

Interview: Lorenz Klein

Foto: Assekurata

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