„Wir brauchen in den wenigsten Fällen Gutachten“

Behält der Antragsteller seinen ersten Ansprechpartner oder muss er sich auf wechselnde Mitarbeiter im Regulierungsprozess einstellen?

Wichtig ist natürlich, dass der Mitarbeiter, der den Kunden maßgeblich betreut hat, in den Entscheidungsprozess maximal einbezogen wird. Zudem geht es darum, die Prozesskette vom ersten Kontakt bis zur Entscheidung möglichst kurz zu halten – im beiderseitigen Interesse. Ein kommunikatives Ping-Pong zwischen Kunde und Versicherung gilt es unbedingt zu vermeiden.

Makler empfehlen BU-Antragstellern oftmals, sich unabhängige Hilfe zu holen, da das Ausfüllen einer Schadenanzeige von bis zu 15 Seiten nicht ohne professionelle anwaltliche Hilfe zu leisten sei. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Wir haben kein Problem damit, wenn der Anwalt mit am Tisch des Kunden sitzt. Das ist unserer Erfahrung nach aber eher die Ausnahme. Wir befinden uns nicht in einem juristischen Prozess mit dem Kunden. Das sieht man schon daran, dass die große Mehrzahl der Leistungsprüfungen zugunsten der Antragsteller ausfallen. Unsere jüngste Statistik aus dem Jahr 2015 weist eine Annahmequote im Leistungsfall von knapp 85 Prozent aus. Damit haben wir im Durchschnitt eine um 15 Prozent höhere Quote als der Markt. Und auch unsere Prozessquote kann sich sehen lassen, sie liegt nach Berechnungen der renommierten Rating-Agentur Morgen & Morgen bei nur 1,11 Prozent. Das ist dem Analysehaus die Note „ausgezeichnet“ wert.

Nun gibt allerdings der Versicherungsmakler Helge Kühl Folgendes zu bedenken: „Jeder BU-Fall bringt ein hohes Schadenspotenzial, meistens in sechsstelliger Höhe. Ein Versicherer wird daher immer genau prüfen, ob er wirklich zu einer BU-Zahlung verpflichtet ist. Gerade bei psychischen Erkrankungen ist bekannt, dass hier mehr als nur genau geprüft wird“. Gehen Versicherer also mit psychischen Erkrankungen kritischer um als zum Beispiel mit unfallbedingten Ursachen, die im Idealfall folgenlos verheilen?

Nein, für HDI kann ich das ausschließen. Das Thema „psychische Erkrankungen“ ist ein sensibles Feld und im Umgang damit kommt es sehr stark auf die Qualifikation des Mitarbeiters an. Deshalb schulen wir unsere Mitarbeiter sehr speziell, auch um diesen Eindrücken entgegenzutreten – zumal der Umgang mit psychischen Erkrankungen im Regulierungsbereich auf Dauer ein Standardfall werden wird. Deshalb ist es für uns umso wichtiger, mit diesem Risiko qualifiziert, sorgsam und vorausschauend umzugehen.

Manche private Sachverständigenfirmen, die für BU-Versicherer Gutachten erstellen, sind zuletzt in die Kritik geraten, weil ihnen unsachgemäße Methoden unterstellt wurden. Inwieweit greift HDI im Zuge der Leistungsprüfung auf externe Gutachter zurück?

Wir brauchen in den wenigsten Fällen Gutachten. Gibt es im konkreten Einzelfall einen erhöhten Klärungsbedarf können wir dies meist durch unsere interne Expertise abfedern. In wenigen Einzelfällen können sie ein hilfreiches Element sein. Im täglichen Regulierungsprozess spielen Gutachten hingegen eine untergeordnete Rolle. Im Standardfall ist eine Regulierung mit einer qualifizierten Mannschaft relativ schnell möglich. Denn: Menschen, die sich bei uns für einen Job in der Leistungsregulierung entscheiden, erhalten eine Weiterbildung wie zum Beispiel an der Gen Re Business School. Nach Abschluss sind sie IHK-zertifizierte Fachkräfte für „Leistungsregulierung und Underwriting“. Hinzu kommen regelmäßige externe Fortbildungen – davon profitieren unsere Mitarbeiter und insbesondere auch unsere Kunden.

Interview: Lorenz Klein

Foto: HDI

Hier finden Sie Teil I des Interviews.

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