Ende des Vertriebsverhältnisses (Teil II): Potenzielle Folgen konkreter Regelungen

Die Schwelle zur „Abwerbung“ soll erst dann überschritten sein, wenn er Kunden oder Kollegen konkret anspricht oder auffordert, mit ihm zu wechseln bzw. entsprechende Verträge dann in der neuen Konstellation abzuschließen. Ein schmaler Grat, der oft zu Auseinandersetzungen führt, weil natürlich gerade der erfolgreich abgeworbene Kunde oder Mitarbeiter als Zeuge kaum bestätigen wird, dass dies aufgrund eines aktiven Abwerbeversuchs seines alten und neuen Ansprechpartners geschah.

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Erst recht gilt dies bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten. Diese sind grundsätzlich nur für die Dauer von maximal zwei Jahren zulässig und darüber hinaus auch nur dann, wenn dem Betroffenen eine sogenannte Karenzentschädigung gewährt wird. Diese muss mindestens die Hälfte der bisherigen Bezüge betragen. Wird das entsprechende Wettbewerbsverbot mit einer entsprechenden Entschädigung vereinbart, kann hierauf auch nicht im Nachhinein durch das Unternehmen verzichtet werden, wenn sich etwa der Weggang des entsprechenden Vertriebsmitarbeiters doch nicht als so „gefährlich“ herausstellt.

Unwirksame Klauseln

Denn in entsprechender Anwendung der Paragrafen 78 ff. HGB ist die Karenzentschädigung nicht nur zwingend, sondern auch nicht ad hoc einseitig durch den Unternehmer aufhebbar. Im Extremfall kann sie also für zwei Jahre auch ein „sanftes Ruhekissen“ für den Vertriebsmitarbeiter sein. Dass auch in diesem Bereich schon bei der Vertragsformulierung genau überlegt werden sollte, was gewollt und wie dies exakt formuliert wird, zeigt ebenfalls ein Urteil des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 3. Dezember 2015 – VII ZR 100/15) betreffend eine verunglückte Vertragsklausel eines Allfinanzvertriebes.

Sie lautete: „Der Vermögensberater verpflichtet sich, es für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses zu unterlassen, der Gesellschaft Kunden abzuwerben oder dies auch nur zu versuchen.“ Was scheinbar vernünftig klang, hielt das Gericht für unwirksam. Denn nach dem Wortlaut könnten davon auch Fälle umfasst sein, in denen der Vermögensberater ohnehin neue Kunden (die ansonsten vielleicht Produkte des „alten“ Unternehmen erworben hätten) „abwerbe“.

Seite vier: Vertrag muss in sich stimmig sein

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