Liebe Verbraucherschützer, ist das Ihr Ernst?

Dabei geht es nicht nur um das fachliche Know-how. So wird als Argument gegen Provisionen regelmäßig angeführt, dass sie zu Interessenkonflikten beim Berater führen können. Doch auch Honorarberater haben eigene Interessen. So könnte auch bei ihnen durchaus die Tendenz zu unnötigen Umschichtungen bestehen, die Provisionsberatern gerne angedichtet wird.

Auch Honorarberater verdienen schließlich dann am meisten, wenn sie ihre Kunden möglichst oft auf (angeblichen?) Handlungsbedarf hinweisen und entsprechende Aufträge erhalten. Auch bei der Produktauswahl können persönliche Präferenzen des Beraters eine Rolle spielen, etwa hinsichtlich der Laufzeit (neuer Auftrag!).

Die gesetzliche Regulierung des Vertriebs in den vergangenen Jahren etwa in Hinblick auf Sachkundenachweis, Beratungsprotokolle, Geeignetheitsprüfung oder Provisionsausweis ignorieren die Verbraucherschützer in ihrer Argumentation ohnehin. Stattdessen fügen sie in ihrem neuesten Papier einen weiteren „maßgeblichen Punkt“ hinzu: Sie bemängeln, dass in einem Provisionssystem die Kosten aller Beratungen von denjenigen getragen werden, die im Rahmen der Beratung ein Anlageprodukt erwerben. Wer nichts kauft, zahlt hingegen nichts.

Provision als Anreiz für „Trittbrettfahrer“?

Statt die Freiheit des Kunden gut zu heißen, „Nein“ sagen zu können, sieht der VZBV darin ein Problem: Einen Anreiz für „Trittbrettfahrer“, die sich beraten lassen und dann anderweitig kaufen. Bei einem Provisionsverbot würden die Verbraucher hingegen nur die durch sie selbst verursachten Beratungskosten tragen.

Das ist schon deshalb fraglich, weil die Kunden auch in einem Honorarsystem die Allgemeinkosten des Beraters – inklusive Research und vergebliche Akquisitionsbemühungen – anteilig mittragen müssen und diese pro Anleger wegen der verkleinerten Kundenbasis vielleicht sogar höher ausfallen. Zudem ändert es nichts daran, dass viele Verbraucher sich dann gar nicht mehr beraten lassen und ist auch deshalb reichlich weit hergeholt, weil es sich bei jedem üblichen Geschäft – zum Beispiel im Einzelhandel – genauso verhält: Kommt es nicht zustande, geht der Verkäufer leer aus.

Wenn Verkäuferschützer derlei kritisierieren, wäre es vielleicht noch nachvollziehbar. Für einen Verbraucherverband hingegen ist die Kritik an „Trittbrettfahrern“ ziemlich abstrus und belegt, wie verzweifelt der VZBV Argumente sucht, um seine überholte Position zu verteidigen.

Stefan Löwer ist Chefanalyst von G.U.B. Analyse und betreut das Cash.-Ressort Sachwertanlagen. Er beobachtet den Markt der Sachwert-Emissionen als Cash.-Redakteur und G.U.B.-Analyst insgesamt schon seit mehr als 25 Jahren. G.U.B. Analyse gehört wie Cash. zu der Cash.Medien AG.

Foto: Florian Sonntag

 

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