„Fintechs können Berater nicht ersetzen“

Was werden die größten Chancen beziehungsweise Herausforderungen sein?

Für uns als Anbieter von Finanz- und Vorsorgelösungen ist der Markt auf der Nachfrageseite intakt. Die Bürger müssen einerseits vorsorgen, der Staat und Regulator will andererseits ein sauberes und ehrliches Geschäft.

Vertriebe, die auf Qualität setzen, werden sich deshalb behaupten. Es kann durchaus eine „winner takes it all“-Situation entstehen. Wir glauben an diesen Markt und investieren weiterhin intensiv.

Werden neue Marktteilnehmer wie der volldigitale Krankenversicherer „Ottonova“ den Vertrieb verändern?

Es ist richtig, dass sich die Branche auf ein verändertes Kundenverhalten einstellt. Bis die neuen Vertriebskanäle eine relevante Alternative zu bestehenden Wegen darstellen, wird meiner Meinung nach jedoch noch viel Zeit vergehen.

Wie beeinflussen Fin- und Insurtechs die Branche?

Wir sehen keine Bedrohung durch Fintechs oder Insurtechs. Der Insurtech-Markt ist zerklüftet und die Nutzerzahlen sind bislang überschaubar. Zudem sind die wenigen „Use Cases“ der neuen Marktteilnehmer noch keine „Gamechanger“, vor allem da noch niemand ein profitables Geschäftsmodell entwickelt hat.

Fintechs können den zeitintensiven Vorgang einer ganzheitlichen Beratung durch die fundierte und weiterentwickelte Fachqualifikation eines ausgebildeten Finanzberaters nicht ersetzen. Das gilt besonders für komplexe Themen wie Altersvorsorge und Einkommenssicherung.

Der Trend geht daher hin zu hybriden Geschäftsmodellen. Dafür sind wir besser gerüstet als die Fintechs: Es ist viel einfacher, eine große Vertriebsorganisation um digitale Angebote zu ergänzen, anstatt als Start-up eine große Beraterorganisation aufzubauen.

Was wird in der Beratung besonders wichtig?

Die Niedrigzinsphase erfordert, den Kunden ganzheitlich beraten zu können. Hinzu kommt: Die Komplexität der Branche ist für den Kunden zum Teil nicht mehr nachvollziehbar. Das aktuelle Marktumfeld verschärft diese Situation zusätzlich.

Deshalb wird es darauf ankommen, den Nutzen der Produkte für die individuellen Bedürfnisse des Kunden klar aufzuzeigen. Es braucht den Mut, dem Kunden zu sagen, dass er in der Niedrigzinsphase mehr Geld anlegen muss, um das Ziel zu erreichen, im Alter ein sorgenfreies und selbstbestimmtes Leben zu führen.

Interview: Julia Böhne

Foto: Swiss Life Deutschland

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