Bürgschaften sind keine nachträglichen Anschaffungen

Der BFH gewährt jedoch ein Wahlrecht für bestehende Bürgschaften: Hat ein Gesellschafter eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum Tag der Urteilsveröffentlichung, dem 27. September 2017, geleistet, so kann im Insolvenzfall bei Inanspruchnahme der Bürgschaft weiterhin nach den bisher geltenden Grundsätzen vorgegangen werden, wenn dies für den Gesellschafter steuerlich günstiger ist.

Wichtig: Bei künftigen Besicherungsanforderungen seitens einer Bank sollte sich der Gesellschafter gut überlegen, welche Art von Sicherheit er für die GmbH anbieten kann. Auch sollten bestehende Bürgschaften nicht sofort „Hals über Kopf“ aufgelöst, sondern vorher sorgfältig mit dem Berater gesprochen werden, um mit ihm das Für und Wider abzuwägen. Sonst kann es passieren, dass die Bank Probleme im Unternehmen vermutet und das gesamte Kreditengagement gründlich überprüft.

Der Steuerberater kann die steuerlich günstigste Besicherung gemeinsam mit dem Gesellschafter prüfen. Der BFH hat nämlich auch gesagt, dass ausgefallene Gesellschafterdarlehen auch künftig nachträgliche Anschaffungskosten vermitteln, wenn die vom Gesellschafter gewährte Fremdkapitalhilfe aufgrund der vertraglichen Abreden mit der Zuführung einer Einlage in das Gesellschaftsvermögen wirtschaftlich vergleichbar ist.

Bürgschaft kann Eigenkapitalcharakter haben

Auch einer Bürgschaft könnte nach der neuen Rechtsprechung des BFH im Einzelfall Eigenkapitalcharakter beigemessen werden, wenn beispielsweise von vornherein ein Verzicht auf den Regress gegenüber der Hauptschuldner-GmbH in die Bürgschaftsvereinbarung eingebaut wird. Als zusätzliche Absicherung könnte dann – die Zustimmung der Bank einmal unterstellt – noch eine Art „Ersetzungsbefugnis“ erklärt werden, dass der Bürge, statt an die Bank als Gläubigerin zu zahlen, auch der Gesellschaft als Hauptschuldnerin den Zahlungsbetrag mit der Anweisung zukommen lassen kann, diesen ausschließlich zur Rückführung des Darlehens zu nutzen.

Wie man sieht, wird die Sache hier komplex. Wichtig ist aber, dass auch nach der Änderung der Rechtsprechung des BFH bei richtiger Gestaltung eine steuerliche Berücksichtigung von Finanzierungsleistungen des Gesellschafters möglich bleibt.

Holger Witteler ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei der Dortmunder Kanzlei Husemann, Eickhoff, Salmen & Partner. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind steuerrechtliche Gestaltungsberatung, steueroptimierte Vermögensplanung sowie betriebswirtschaftliche und steuerliche Due Diligence.

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