Paragraf 34f GewO: Sarkophag Koalitionsvertrag?

Doch die Schadensfälle aus dem Bereich des grauen Kapitalmarkts, die heute noch die Gerichte beschäftigen, stammen nahezu ausschließlich aus der Zeit vor Inkrafttreten der FinVermV (1. Januar 2013).

Auch die Negativ-Schlagzeilen der jüngeren Zeit entstammen überwiegend dem regulierten, sogenannten „weißen“ Kapitalmarkt (Infinus, Piccor/Picam).

Beide Phänomene sind also zur Beantwortung der Frage, ob die Aufsicht über 34f-Vermittler seit Inkrafttreten der FinVermV wirkungsvoll und ausreichend ist, ersichtlich ungeeignet. Eine verlässliche Evaluation der Wirkungsweise der FinVermV fand nicht statt.

Tatsächlich ist das Zulassung- und Aufsichtssystem durch die Gewerbeämter, die IHK ́s und die Wirtschaftsprüfer mittlerweile eingespielt und funktioniert. Die jährlichen Prüfberichte sind fundierter geworden, die IHK ́s und Gewerbeämter fit im Umgang mit der FinVermV und eine wirksame Aufsichtsinstanz. Wer dieses etablierte System abschafft, sollte gute Gründe und eine bessere Alternative parat haben.

Es sollte gute Gründe geben, ein funktionierendes System zu ändern

Der deutsche Gesetz- und Verordnungsgeber hängt schon bei der Umsetzung seiner EU-Pflichten deutlich hinter dem Zeitplan. Die Vorgaben der MiFID II sind für freie Finanzanlagenvermittler noch nicht umgesetzt.

Der designierte Wirtschaftsminister Peter Altmaier täte vor einem Umbau des Aufsichtssystems gut daran tun, gemeinsam mit den Kollegen aus den Ressorts Finanzen und Justiz zunächst die überfällige Hausaufgabe „FinVermV“ zu erledigen, um kein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission zu riskieren.

Die notwendigen Änderungen der FinVermV jetzt auf Eis zu legen, erscheint schon angesichts der notwendigen Dauer für einen Umbau der Aufsicht nicht erstrebenswert.

Der Koalitionsvertrag bietet keinen Anlass, Weltuntergangsstimmung zu verbreiten. Beabsichtigt ist nur eine „schrittweiser Änderung der Zuständigkeit“. Für ein Requiem auf den Paragrafen 34f GewO ist es zu früh. Ob es bei einem Umbau der Aufsicht bleiben wird oder ob dies erst den Startschuss für eine flächendeckende Unterwerfung der 34f-Vermittler unter die Regelungen von KWG und WpHG markiert, wird sich zeigen.

Die Annahme, es existiere keine ausreichende Finanzmarktaufsicht, ist falsch

Die Annahme im Entwurf des Koalitionsvertrages, es gebe keine ausreichende Finanzmarktaufsicht über die Finanzanlagenvermittlung, ist falsch. Die Absichtserklärung im Koalitionsvertrag ist ein Schlag ins Gesicht der Gewerbetreibenden, Mitarbeiter von IHK, Landratsämtern und Wirtschaftsprüfern, die mit der Umsetzung der letzten Novellierung in 2013 einen guten Job machen.

Die FinVermV funktioniert – im Bereich der Berufszulassung, im Bereich der Verhaltenspflichten, aber auch hinsichtlich Prüfung und Aufsicht. Die Unterschiede in den Dokumentations- und Beratungspflichten gegenüber dem WpHG sind mit der FinVermV weitgehend abgeschmolzen. Man sollte eine bessere Alternative und gute Gründe haben, dieses funktionierende System aufzubrechen.

Autor Dr. Martin Andreas Duncker ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bei der Kanzlei Schlatter Rechtsanwälte Steuerberater in Heidelberg.

Foto: Schlatter Rechtsanwälte Steuerberater

 

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