Roundtable: „Die Politik betreibt seit Jahren Greenwashing“

Viele Anbieter springen derzeit auf den „ESG-Zug“ auf. Nicht alle transportieren das Thema in der Beratung so, wie es angemessen und auch authentisch wäre. Wie lässt sich das Greenwashing, das sicherlich zunehmen wird, vermeiden?

Sachau: Ein abgestuftes Siegel würde bereits Hilfestellung geben, um das Greenwashing möglichst zu vermeiden. Bei diesem Thema geht es meist darum, dass auf dem Etikett etwas versprochen wird, das sich hinterher im Produkt nicht wiederfindet. Deshalb ist Transparenz das A und O. Alle Beteiligten müssen ohne Schwierigkeiten nachvollziehen können, wie das Produkt ausgestaltet ist, um spätere Enttäuschungen zu vermeiden.

de Bruijn-van der Gaag: Es ist eine der größten Herausforderungen zu zeigen, was wir tun und es dann auch nachzuweisen. Bei der ING haben wir seit einem Jahr ein Projekt namens Terra, für das wir in jedem Sektor Ziele festgelegt haben. Dadurch wird vieles transparent und die Entscheidung, in welchem Bereich wir nachlegen müssen, lässt sich darauf basierend leichter treffen.

Gerade in der Baufinanzierung ist es wirklich schwierig nachzuweisen, wie sich das Portfolio entwickelt, weil der Ländervergleich besonders anspruchsvoll ist. Ich versuche dann, mich mit den niederländischen Kollegen zu vergleichen.

Allerdings bedeutet das Energielevel A in den Niederlanden etwas komplett anderes als in Deutschland. Damit tun wir uns als Branche keinen Gefallen. Wir haben innerhalb der ING Standards festgelegt, die auch viele internationale Banken erfüllen.

Roß: Ein Unternehmen, das eher das Produkt als letzte Konsequenz eines ganzheitlichen Konzepts nach draußen kommuniziert hat, sehe ich natürlich die Themen, die ein Produkt lediglich als Leuchtturmprojekt nach vorn stellen und dadurch ein Stück weit Greenwashing betreiben, äußerst kritisch.

Ich glaube aber, dass es neben Standardisierung und Labelling auch am an einem selbst liegt, das Thema der Nachhaltigkeit deutlich stärker nach außen zu tragen. Finanzberater, Makler und Partner müssen mitgenommen werden, damit sie verstehen, warum sie sich auf dieses Thema fokussieren sollten.

Deshalb müssen wir transparenter darüber sprechen und es muss transparenter darüber berichtet werden, um das Thema in der gesamten Finanzberatungsbranche permanent präsent zu halten. Das ist für uns ein wichtiger Faktor, den wir nächstes Jahr sehr stark betreiben werden, und gleichzeitig ist es, glaube ich, an all denjenigen, die nicht nur ein Leuchtturmprojekt haben, sondern die wirklich ganzheitlich auch für das Thema stehen, wichtig, das immer wieder auch nach außen zu tragen.

 

Jan Roß (Zurich)

Waller: Entscheidend ist auf der einen Seite, die Themen Transparenz und Klarheit unbedingt zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite sollte man sich als Unternehmen aber auch über die möglicherweise bereits vorhandenen Stärken in Sachen Nachhaltigkeit bewusst werden und diese kommunizieren. Die Anforderungen werden steigen, sowohl auf Seiten des Gesetzgebers als auch auf Kundenseite. Das Thema entwickelt sich ständig weiter, ans Ziel gelangt man dabei wohl nie.

Seite 6: Gesellschaftlich weiter als die EU

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