Nachwuchs: Berater mit Biss gesucht

Der geeignete Kandidat ist gefunden und beide Seiten freuen sich auf die Zusammenarbeit – eine Situation, die in manchen Fällen im Verlauf der Ausbildung keinen Bestand haben wird. Einige werfen noch während der Lehre das Handtuch. Die Abbrecherquote liegt bei Versicherern durchschnittlich bei fünf Prozent, bei Finanzvertrieben im Schnitt bei 15 Prozent. Verglichen mit der Quote der Ausbildungsverhältnisse aller Branchen ist das ein geringer Prozentsatz. Nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) beendet jeder Fünfte vorzeitig sein Ausbildungsverhältnis. Immerhin: Ein Drittel davon wechselt zu einem anderen Betrieb oder schlägt einen anderen Bildungsweg ein.

Doch wie hält die Branche die Quote so gering wie möglich? Die Postbank setzt auf sorgfältige Auswahlgespräche und ausführliche Informationen über die Anforderungen des Berufes im Vorfeld. „In den meisten Fällen sind enttäuschte Erwartungen der Grund für den Abbruch der Ausbildung“, sagt Hölscher. Es habe sich bewährt, die eigenen Nachwuchsberater auch zur Akquisition von Auszubildenden einzusetzen. Sie seien für junge Leute in der Berufsorientierung sehr glaubwürdige und kompetente Ansprechpartner. Vor allem bei der regionalen Suche von Nachwuchs seien sie inzwischen unersetzlich, berichtet er.

Jobmessen gewinnen an Bedeutung
Jobmessen gewinnen an Bedeutung

A.S.I.-Vorstand Rosemeyer bestätigt unterdessen, dass sein Unternehmen die Strategien, um Nachwuchs zu gewinnen, in den letzten Jahren ändern musste: „Die Job-Börsen und die Messen haben für uns sehr an Wichtigkeit gewonnen. Dagegen hat der Bereich der Printwerbung abgenommen. Wir pflegen auch direkte Kontakte zu Universitäten und vergeben vereinzelt auch Stipendien.“

Auch die Signal Iduna hat ihren Weg gefunden und sucht ihre potenziellen Mitarbeiter teilweise selbst. Das Unternehmen warte nicht auf Bewerbungen. Der Auswahlprozess sei so schneller und effizienter geworden und gute Bewerber erhalten sehr schnell eine Zusage, da sie in der Regel noch weitere Angebote haben, sagt Johnigk. Bei HDI-Gerling Sachversicherungen wurden bislang keine strategischen Schritte unternommen, man befinde sich jedoch in der Planung, die Ausbildung im Außendienst attraktiver zu gestalten, sagt Ausbildungsleiter Torsten Kumm.

Der Abbruch der Ausbildung ist gebannt, aber was bieten die Unternehmen, um den Nachwuchs danach zu halten und an sich zu binden? Die meisten der befragten Unternehmen bestreiten, ein Problem mit der Abwerbung von Beratern oder fertig ausgebildeten Versicherungskaufleuten zu haben. Wettbewerber auf dem Markt buhlen um Talente und ziehen das eine oder andere Ass aus dem Ärmel, wenn es darum geht, gute Leute abzuwerben. Um dies zu verhindern, schnürt Finanzdienstleister MLP ein Gesamtpaket für seine Berater mit einer Aus- und Weiterbildung an der akkreditierten Corporate University sowie einem umfassenden Support im Backoffice. Daneben sind unter anderem Einkommen, Kundenklientel und ein Fixum für Neueinsteiger wichtige Bindungsmaßnahmen. „MLP-Berater können schnell Verantwortung für ihre Kunden übernehmen, weil sie bei uns eine umfassende Ausbildung erhalten und sich permanent weiterbilden. Eine weitere Motivation ist der große Zusammenhalt der Berater“, sagt Karl-Friedrich Bauer, Bereichsvorstand von MLP.

Berater: Chemie muss stimmen
Berater: Chemie muss stimmen

Auf den Zusammenhalt setzt auch die DVAG. „Die Chemie zwischen Betreuer und Betreutem muss stimmen und es ist das Gemeinschaftsgefühl, das wir innerhalb der beruflichen Gemeinschaft der Deutschen Vermögensberatung haben“, sagt Heubel. Aber auch mit der Übernahme von Führungsverantwortung und Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen schaffen es die Unternehmen, ihren Nachwuchs zum Bleiben zu bewegen.

Probleme der Gegenwart und Zukunft

Und wie gehen Vertriebe und Versicherer mit dem vermeintlich schlechten Image des Berufsbildes in der Gesellschaft um? Immerhin ist der Beruf des Versicherungsvermittlers einer in 2008 vom Marktforschungsinstitut Psychonomics durchgeführten Online-Umfrage unter knapp 10.000 Deutschen über 18 Jahren eine der unpopulärsten Professionen. Noch davor platziert sich nur der Bestattungsunternehmer.

Die Postbank bestätigt, dass es im Bewerbungsgespräch durchaus die eine oder andere kritische Frage zum Berufsbild „Finanzberater“ gibt. Diese Erfahrung macht ebenfalls der Bonner Versicherer Zurich bei seinen Bewerbern: „Gerade wenn die Gespräche in die Tiefe gehen, wird nachgefragt“, sagt Karl Morlock, Leiter Vertriebsunterstützung (Mobile Vertriebe). Heubel von der DVAG hingegen widerspricht der Wahrnehmung. „Die Banken haben ein Imageproblem, wir Allfinanzdienstleister haben kein Problem“, bringt er es kurz und knapp auf den Punkt.

Lesen Sie auf Seite 5, ob die Branche von der Demografieentwicklung betroffen ist

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