Beratungsprotokoll: Verjährung von Schadensersatzansprüchen

In einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 02. Juli 2015 (Aktenzeichen: III ZR 194/14) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Lektüre des Rechenschaftsberichtes aus dazu führt, dass die Verjährung beginnt. Durch die Lektüre der Rechenschaftsberichte wäre dem Kläger in ausreichender Weise vermittelt worden, dass die von ihm gezeichnete Beteiligung gerade nicht uneingeschränkt zur Altersvorsorge geeignet sei.

Bezüglich von Beratungsprotokollen hat das Oberlandesgericht Celle differenziert. Sind die Risikohinweise auf der Rückseite angebracht, reicht dies nicht aus. Damit war jedoch der im Falle des Oberlandesgerichts Celle verwendete Beratungsbogen nicht vergleichbar: „Hiermit ist der von der Beklagten für die Vermittlung des Schiffsfonds „R.“ verwendete Beraterbogen vom 12. November 2004 jedoch nicht vergleichbar. Er enthält vielmehr unter der Überschrift „Risiken der Beteiligung“ knapp zusammengefasst und allgemein verständlich insgesamt acht Hinweise. Diese Hinweise führen jedem Anleger deutlich vor Augen, dass nicht nur mögliche Gewinne nicht garantiert werden können, sondern auch der Verlust des eingesetzten Kapitals möglich ist. In besonderem Maße gilt dies für den letzten Hinweis, der das Risiko eines Totalverlusts ausdrücklich anspricht. Die besondere Bedeutung des Beraterbogens wurde dadurch betont, dass der Kläger ihn – zusätzlich zu der Beitrittserklärung – unterschreiben sollte und unstreitig unterschrieben hat. Allein dieses Unterschriftserfordernis musste den Kläger veranlassen, sich über den Inhalt der Notiz zu vergewissern. Wer im Zusammenhang mit einer für ihn wirtschaftlich bedeutsamen Entscheidung gleichsam „blind“ ein handschriftlich ausgefülltes Formular, mithin eine ersichtlich personalisierte Erklärung, von übersichtlichem Umfang unterzeichnet, lässt dasjenige außer Acht, was in der gegebenen Situation jedem einleuchten würde. Diese Beurteilung entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Senats zur Bedeutung der von der Beklagten und von ihren Mitbewerbern für eine Vielzahl von Kapitalanlagen entwickelten Beratungsprotokolle“, so das Oberlandesgericht Celle in seiner Urteilsbegründung ((OLG Celle, Urteil vom 23. Juni 2016 – Aktenzeichen: 11 U 9/16 –).

Sachverhalt muss individuell aufgearbeitet werden

Das aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofs zeigt auf, dass jeder Sachverhalt individuell aufgearbeitet werden muss, da pauschale Aussagen kaum zu treffen sind. Für jeden einzelnen behaupteten Beratungsfehler muss der Berater konkret und substantiiert vortragen, wann und wie der Anleger Kenntnis erhalten hat resp. ihm grob fahrlässige Unkenntnis vorgeworfen werden kann. Hierzu ist eine umfassende Sachverhaltsaufarbeitung zwingend erforderlich.

Bezüglich Beratungsdokumentationen ist im Hinblick auf die Verjährung dringend anzuraten, dass die Warnhinweise nicht auf der Rückseite angebracht werden, sondern vollständig und transparent dargestellt und vom Anleger – am besten rechtzeitig in einem Termin vor Zeichnung – unterschrieben werden.

Oliver Renner ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht in der Stuttgarter Kanzlei Wüterich Breucker, Lehrbeauftragter der Hochschule Pforzheim und der Fachhochschule Schmalkalden für das weiterbildendende Studium zum Finanzfachwirt; stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses ”Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht” der Rechtsanwaltskammer Stuttgart.

Foto: Oliver Renner

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