Schlägt dem britischen Provisionsverbot die Stunde?

Erlebt die Finanzberatung in Großbritannien bald ein „Mini“-Comeback der Provisionen? Einem Medienbericht zufolge prüft die britische Finanzaufsicht FCA eine Teilabkehr vom Provisionsverbot. In Deutschland sorgen die Pläne für Genugtuung, wie erste Reaktionen aus Beraterkreisen zeigen.

Dass die FCA nun eine zumindest teilweise Wiedereinführung von Provisionen erwägt, dürfte sicherlich auch damit zu tun haben, dass die Kritik an der RDR seit ihrer Einführung stetig zugenommen hat.

Was die britische Finanzaufsicht FCA (Financial Conduct Authority) derzeit plant, ist hochpolitisch – FCA-Chefin Tracey McDermott ist daher sehr darauf bedacht, eine mögliche Teilabkehr vom Provisionsverbot nicht als Eingeständnis einer fehlgeleiteten Regulierung verstanden zu wissen: „Wir wollen nicht zurück in eine Welt, in der wir die Probleme hätten, die es vor der RDR gegeben hat“, sagte McDermott dem Rundfunksender BBC Radio 4. Die „Börsen-Zeitung“ (BZ) hatte ihre Aussagen in ihrer Dienstag-Ausgabe aufgegriffen.

FCA könnte Provisionsverbot lockern

Nach den bisherigen Erkenntnissen prüft die FCA, ob es Vermögensverwalter in Zukunft wieder gestattet werden soll, für den Verkauf von bestimmten Anlageprodukten Provisionen an Finanzberater zahlen zu dürfen. Die FCA werde prüfen, schreibt die BZ, wie sich Beratung und Orientierung über den Markt hinweg am besten gewährleisten ließen. Sie würde nicht ausschließen, dass Provisionen in irgendeiner Form ein Element davon sein könnten, so McDermott.

Zugleich betonte die FCA-Chefin, dass es nicht darum gehe, die 2013 eingeführte Retail Distribution Review (RDR) rückgängig zu machen. Die RDR sieht vor, dass Provisionen für Anlageprodukte aller Art untersagt werden. Auslöser dafür war eine vorangegangene Untersuchung der FCA, die zu dem Schluss kam, dass britische Verbraucher in vielen Fällen eine Fehlberatung aufgrund vermeintlicher Fehlanreize erhielten. Demnach wurden Finanzprodukte mit höheren Provisionen tendenziell stärker verkauft, ohne dass diese einen höheren Nutzen für die Verbraucher stifteten.

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Dass die FCA nun eine zumindest teilweise Wiedereinführung von Provisionen erwägt, dürfte sicherlich auch damit zu tun haben, dass die Kritik an der RDR seit ihrer Einführung stetig zugenommen hat. So häuften sich die Berichte, dass es infolge der Reform zu einem eklatanten Beratungsmangel in Großbritannien gekommen sei – wohl auch deshalb, weil sich viele Briten nicht für eine Beratung auf Honorarbasis durchringen konnten.

AfW-Vorstand Wirth: „Das Pendel schwingt nun zurück“

Branchenkreise in Deutschland, wo nach derzeitigem Stand kein Provisionsverbot droht, dürften die Überlegungen der britischen Finanzaufsicht mit Genugtuung zur Kenntnis nehmen – so etwa beim AfW – Bundesverband Finanzdienstleistungen e.V.: „Die Regulierung ist oftmals wie ein Pendel. Erst wurde in Großbritannien ‚überreguliert‘ und nachdem sich gezeigt hat, wie schwerwiegend die Folgen sind, schwingt das nun Pendel zurück“, sagte Norman Wirth, geschäftsführender AfW-Vorstand  gegenüber Cash.Online. Wirths Vorstandskollege Frank Rottenbacher ergänzte: „Man kann nur hoffen, dass der deutsche Gesetzgeber die Entwicklungen in den europäischen Nachbarländern genau beobachtet und seine Schlüsse daraus zieht.“

Beim Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) hieß es auf Anfrage, dass man die Entscheidung der FCA zunächsteinmal prüfen wolle. Der Berufsverband deutscher Honorarberater (BVDH) erklärte, man werde „erstmal die konkrete Entwicklung“ abwarten.

Gelassenheit beim britischen Versicherer Standard Life

Gelassen gibt man sich beim britischen Versicherer Standard Life: Tracey McDermott habe klar gemacht, dass sie keine Aufhebung der RDR ins Auge fasse, teilte das Unternehmen am Donnerstag in Edinburgh mit. Die FCA-Chefin beziehe sich lediglich auf bestimmte Produkte, bei denen eine Provision unter Umständen immer noch berücksichtigungsfähig seien. Zudem sei dieses Thema bereits im „Financial Adviser Market Review“ im zweiten Halbjahr 2015 erörtert worden und von daher „nicht neu“. (lk)

Foto: Shutterstock

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