„Die Hoffnung stirbt zuletzt“

Foto: BVK
BVK-Präsident Michael H. Heinz

Cash.-Interview mit Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), über die Ankündigung der Bundesregierung, an ihrem Vorhaben festhalten zu wollen, die Aufsicht über Finanzanlagenvermittler auf die Bafin zu verlagern.

Die Bundesregierung strebt trotz des Wirecard-Skandals weiterhin eine Zentralisierung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler und Honorarberater bei der Finanzaufsicht Bafin an, wie aus der Antwort des Finanzministeriums auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken hervorgeht. Überrascht Sie das?

Heinz: Nein, das überrascht uns nicht. Trotz zahlreicher Stellungnahmen, wie der des BVK, dass die Aufsichtsübertragung unnötige Doppelstrukturen bei den Industrie- und Handelskammern und der Bafin schafft, kaum Mehrwert generiert und die Finanzanlagenvermittler zusätzlich mit Bürokratie und Kosten belastet, verfolgt diese Bundesregierung unbeirrt das Ziel der Aufsichtsübertragung. Und das zu allem Überfluss vor dem Hintergrund des Wirecard-Skandals, bei dem die Bafin keine gute Figur gemacht hat.

Aus den Vorkommnissen um Wirecard folge „ein Bedarf hinsichtlich der Stärkung hoheitlicher Aufsichtskompetenzen im Bereich des Anlegerschutzes und der Finanzmarktaufsicht“, erklärt die Bundesregierung. Können Sie das nachvollziehen?

Heinz: Ja, das können wir nachvollziehen. Aber die Frage ist doch, ob die seit Jahren bewährte Aufsicht über Finanzanlagenvermittler, die bei den örtlichen Industrie- und Handelskammern und Gewerbeämtern angesiedelt ist, dafür eingeschränkt und auf die Bafin übertragen werden soll. Das Gegenteil wäre doch richtig: Beibehaltung der bisherigen Aufsichtsstrukturen mit weniger Bürokratie und damit effizienter, anstatt die Schaffung von Doppelstrukturen, bei denen die Industrie- und Handelskammern und Gewerbeämter für die Sachkundeprüfung und die Bafin für die Finanzanlagenvermittlung zuständig ist. Hinzu kommt, dass auch im Hinblick auf ein einheitliches Vermittlerregister die Idee verschiedener Aufsichten kontraproduktiv ist und zukünftig Finanzanlagenvermittler nicht mehr in dem vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) geführten Vermittlerregister registriert wären und dort eine Einsichtnahme – insbesondere für Verbraucher – nicht mehr gewährleistet ist. Der mit dem Register insoweit verfolgte Zweck eines stärkeren Anlegerschutzes im Vermittlerrecht wird damit gerade nicht erreicht. Das bestehende föderal organisierte System kann im Gegensatz zu einer zentral organisierten Aufsicht aufgrund seiner räumlichen Nähe zu den Beaufsichtigten ein Informationsvorsprung und eine tiefere Sachkenntnis gewährleisten. Es ist auch nicht ersichtlich, warum die erst zum 1. August 2020 in Kraft getretene Finanzanlagenvermittlungsverordnung in das Wertpapierhandelsgesetz überführt werden soll. Einige der dort enthaltenen Regeln sind neu, zum Beispiel zum Taping und zu Interessenkonflikten, so dass nicht erkennbar ist, warum bereits jetzt offenbar Regeln in Frage gestellt werden und schon kurze Zeit später unter neuen rechtlichen Rahmenbedingungen fortgeführt werden sollen. Aus unserer Sicht wäre es daher deutlich sinnvoller, zunächst die Wirksamkeit der bisherigen Regelungen im schon bestehenden Aufsichtssystem zu etablieren und eine Evaluierung nach einem Zeitraum von zum Beispiel drei bis fünf Jahren vorzunehmen.

Haben Sie noch Hoffnung, dass das Gesetz letztendlich doch nicht verabschiedet wird?

Heinz: Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Insofern haben wir noch einen Hauch an Zuversicht, dass das Bundesfinanzministerium von diesem Vorhaben ablässt. Aber die Signale, die aus Berlin kommen, stimmen uns nicht hoffnungsvoll. Aber: Wer weiß, vielleicht wird die Aufsichtsübertragung auf die Bafin noch gekippt. Aber die Chance dafür steht schlecht.

Die Fragen stellte Kim Brodtmann, Cash.

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