Apella: Gemeinsamer Aufstieg nach Belvedere

Foto: Apella
Apella-Gründer Guntram Schloß

Die Finanz- und Versicherungsbranche war im Westen stark, in den neuen Bundesländern musste sie nach der Wende erst entstehen. Cash. hat sich auf den Weg nach Mecklenburg-Vorpommern gemacht, um Apella zu besuchen, einen Pool, der es weit nach vorne geschafft hat. "Persönliches Glück und Wohlbefinden bilden das Fundament wirtschaftlicher Profitabilität”, so hat es Apella in der eigenen Unternehmensphilosophie verankert. Stimmt das auch?

Punkt 8.00 Uhr sind wir für das Interview am Tollensesee verabredet. Er grenzt im Norden an Neubrandenburg, den Sitz von Apella. Die Bekanntheit dieses Ortes lässt sich vielleicht ganz gut mit diesem Satz beschreiben: „Neubrandenburg? Und wo genau da fährst du hin?”. Gerne wird der Ort mit dem benachbarten Bundesland Brandenburg verwechselt, dabei ist Neubrandenburg das Verwaltungszentrum des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte. Die Stadt am Nordzipfel des zehn Kilometer langen und rund zwei Kilometer breiten Tollensesees hat rund 60.000 Einwohner, ist aber das Einzugsgebiet für über 200.000 Menschen. Immerhin: Der Landkreis ist so groß wie das ganze Saarland. Das mag ein wenig über diese peinliche Verwechslung hinwegtrösten.

Wer von der Autobahn nach Neubrandenburg abfährt, kann schon von Weitem die Skyline sehen, bei der sofort klar ist, dass sie in den siebziger Jahren der DDR entstanden ist. Die Stadtplaner errichteten sie auf dem Datzeberg, einem eiszeitlichen Hochplateau. Rund um den historischen Stadtkern mit mittelalterlichen Sehenswürdigkeiten hat die spätere DDR Stadt und Menschen geprägt. Die Wende hat Lebensläufe verändert.

Hier am See ist von alldem nichts mehr zu bemerken. Die Wasseroberfläche am sogenannten Broda-Strand scheint beinahe türkis, die Morgensonne reflektiert sachte auf den wenigen, kleinen Wogen. Es ist schön hier. Links ist ein kleiner Segelhafen zu erkennen, rechts ein weit ins Wasser hineinragender Steg. Es gibt hier einen Wasserspielplatz, Volleyballfelder und eine hippe Strandbar mit Stand-Up-Paddling-Verleih. Ein etwa 1,90 Meter großer Mann in Jeans, Hemd und Lederschuhen tritt zu mir. “Sind wir verabredet?”

Es ist der Gründer von Apella, Guntram Schloß. Das Unternehmen sitzt direkt gegenüber der mittelalterlichen Stadtmauer, die neben der Konzertkirche zu den touristischen Highlights der Stadt gehört, die zu den besterhaltenen, gotischen Bauwerken Norddeutschlands gehören. Von hier aus ist es nur ein Katzensprung bis zum Tollensesee. Vor der Arbeit geht der 51-Jährige gerne eine Runde spazieren.

Schloß wollte nie weg

Er ist in Neubrandenburg geboren und aufgewachsen. Der Erfolg des Unternehmens hängt eng mit seiner Person zusammen. Wie konnte Apella in diesem Umfeld bundesweit eine so große Bedeutung für Finanz- und Versicherungsmakler erreichen? Selbstverständlich scheint es keineswegs.

Schloß schlägt vor, ein Stück am See zu gehen, um dann zum Belvedere aufzusteigen. Die Landschaft ist hügelig und entstand durch eiszeitliche Gletscher. Die vielen Seen, die der Mecklenburgischen Seenplatte ihren Namen gaben, sorgen Jahr für Jahr für steigende Touristenzahlen. Dennoch könnte man auch sagen, dass Neubrandenburg im Hinterland liegt. Das ist per Definition die dünn besiedelte Gegend mit spärlicher Infrastruktur abseits der bedeutenderen Küstenstädte, wie Rostock, Greifswald oder Wismar. Doch Guntram Schloß wollte von hier nie weg.

“Es gab Zeiten, da wurde das heftig diskutiert. Einige sahen uns damals in einer größeren Stadt wie Rostock besser aufgestellt”, sagt Schloß. Aber es hätte bedeutet, dass die Mitarbeiter umziehen müssten. Kündigen und neue Mitarbeiter einstellen? Das konnte er sich nicht vorstellen. Heute sieht er in Neubrandenburg sogar einen Wettbewerbsvorteil.

Mit der Wende änderte sich alles für den damals 19-Jährigen. In der DDR schloss er das Studium der Polytechnik und Physik mit Diplom und Staatsexamen ab. Sein ursprünglicher Plan war die Lehre, heute leitet er ein Unternehmen, das im vergangenen Geschäftsjahr über 41 Millionen Euro Umsatz gemacht hat. Überhaupt steht er nicht gerne im Rampenlicht. Das Interview hat Überzeugungskraft gekostet. Viel lieber hätte er es gesehen, wenn ein Kollege das übernommen hätte.

„Dimensionen der Unabhängigkeit”

Nach der Wende musste er sich umsehen und es war eher Zufall, dass er auf eine Veranstaltung stieß, die über einen Finanzdienstleistungsvertrieb informierte. Mit Freunden machte er sich auf den Weg nach Rostock. Darunter war auch die spätere Mitgründerin von Apella, Dr. Eva Lemke. Übrigens ist auch das besonders an Apella, denn wie viele Maklerpools mag es wohl geben, die durch eine Frau mitgegründet wurden? Sie hat sich inzwischen aus der aktiven Geschäftsführung zurückgezogen und bringt ihre weibliche Komponente jetzt im Aufsichtsrat ein. “Woanders wird viel über Frauen in Vorstandsetagen geredet und eine gesetzliche Verpflichtung wurde in diesem Jahr dazu verabschiedet. Wir haben es hingegen seit dem ersten Tag der Apella-Gründung, seit 1993, einfach so gemacht und ich denke, dass es auch der Grund für einen Teil unseres Erfolgs ist. Die besten Entscheidungen werden in der Vielfalt getroffen”, ist Schloß überzeugt.

Ein weiterer Grund für den Erfolg sind “die Dimensionen der Unabhängigkeit”, die zur Unternehmens-DNA von Apella gehören. “Für einen unabhängigen Finanzdienstleister macht auch nur ein unabhängiger Dienstleister Sinn”, bringt Schloß die Formel auf den Punkt. Apella wurde 1993 durch ihn und weitere Makler als Maklerverbund gegründet. Heute ist das Unternehmen eine AG und hat sein eigenes Haftungsdach, einen eigenen Assekuradeur, eine Beratungsgesellschaft für betriebliche Versorgungssysteme, ein eigenes Online-Maklerverwaltungsprogramm, die Apella Akademie mit eigenem Gästehaus und vielem mehr. “Wir legen ganz besonderen Wert darauf, ein Vollsortimenter zu sein. Das bedeutet, dass der Makler in allen Bereichen mit Apella zusammenarbeiten kann, ob Versicherung, Kapitalanlage oder Finanzierung. Wir arbeiten mit 797 Produktgesellschaften zusammen und meiden Klumpenrisiken”, sagt er. Selbst der größte Vertriebspartner habe am Rohgewinn von Apella unter einem Prozent Anteil. “Wir agieren völlig unabhängig”, sagt er freundlich aber bestimmt, während er die nächste Treppenstufe nimmt.

Seit Apella eine Aktiengesellschaft ist, sind Makler und Mitarbeiter an Apella beteiligt. Das, so sagt er, hat den Vorteil, dass bei der jährlichen Hauptversammlung die ganze Kiste aufgemacht wird. “Das sorgt für Transparenz und es motiviert, am Unternehmenserfolg beteiligt zu sein. Darüber hinaus ist Apella komplett eigenkapitalfinanziert und es gibt keine Fremdbeteiligung durch Gesellschaften.”

An der Uni gründete Schloß einen Computerclub. Schon vorher in der Schule hat er mit Freunden einen Computer selbst gebaut, dann eine Mischersteuerung für ein Reifenwerk programmiert und damit den Schülerpreis des Ministers für die chemische Industrie bei der “Messe der Meister von Morgen”, der seinerzeit größten Messe in Leipzig, gewonnen. Diese Anekdote zeigt, welchen Stellenwert die IT bei Apella seit jeher hat. Früher standen die Server von Apella im eigenen Haus, heute im modernsten Rechenzentrum der Region. “Es gibt keine ausländischen Server. Das komplette System liegt in Apella-Hand, denn wir wollen auch hier Unabhängigkeit”.

Treuhandklausel formuliert

Die vielleicht wichtigste Dimension der Unabhängigkeit sieht Schloß jedoch in der Treuhandklausel: “Apella war der erste Pool, der ausschließlich als Treuhänder in der Verwaltung der Kunden und Verträge auftritt. Die Courtageansprüche bleiben immer beim Makler, egal was mit Apella passiert. Wir haben diese Treuhandklausel vor 20 Jahren formuliert, weil wir wussten, wie wichtig das für einen Makler ist. Wir waren selbst alle Makler”, sagt er. “Apella-Makler wollen frei sein, aber in einer starken Gemeinschaft agieren, um ihren Maklerbetrieb zu einem stetig wachsenden Lebenswerk aufzubauen.”

Der Weg nimmt eine letzte Biegung. Eine breite, repräsentative Treppe türmt sich vor uns auf, darüber ist ein römisch anmutender Tempel sichtbar. Belvedere. Ganz oben angekommen, liegt uns das Tollensetal mit einem phänomenalen Blick zu Füßen.

Wieso war es ein Wettbewerbsvorteil, in Neubrandenburg zu starten und groß zu werden? Schloß hat eine Antwort: Während sich die Finanz- und Versicherungsunternehmen in Städten wie Hamburg die Mitarbeiter gegenseitig abwerben, war es im Schatten der Großstädte möglich, ohne Ablenkung einen eigenen Weg zu finden, ist Schloß überzeugt. “Wir wären vielleicht stärker den Ideen von anderen hinterher gelaufen, statt eigene Lösungen zu entwickeln”, sagt er und schließt an: ”Viele junge Menschen sind damals weggegangen. Heute kommen sie zurück, weil sie das Gefühl haben, hier an der Entstehung von etwas mitwirken zu können. So ähnlich ist es auch mit Apella. Wir stehen erst am Anfang der Geschichte. Unser gemeinsames Projekt, in das sich jeder einbringen kann hat enorme Anziehungskraft. Inzwischen arbeiten Menschen aus ganz Deutschland bei Apella. Wir haben Mitarbeiter aus Hamburg, Düsseldorf, Erfurt, Berlin und sogar aus Brüssel. Sie kommen wegen Apella nach Neubrandenburg. Aber sie lernen Neubrandenburg lieben.”

Und während er das sagt, schauen wir auf den Tollensesee, der zwar ruhig und friedlich da liegt, aber auch Kraft und Tiefe hat, weil eine Naturgewalt wie ein Gletscher ihn hat entstehen lassen.

Frank O. Milewski, Cash.

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